Die Vielfalt der Ambossformen
Die unterschiedlichen Ambossformen haben sich im Laufe der Geschichte entwickelt, um den vielfältigen Anforderungen der Schmiedekunst gerecht zu werden. Jede Form hat spezifische Konstruktionsmerkmale, die auf besondere Techniken und Materialien abgestimmt sind und dem Schmied spezifische Vorteile bieten.
Böhmische Form
Die böhmische Form fällt durch das Fehlen des Vierkanthorns auf, wodurch sie sich von anderen Ambossformen unterscheidet. Dieser Amboss ist oft mit einem kürzeren, gedrungenen Rundhorn ausgestattet und verfügt meist nur über ein Vierkantloch. Durch die kompakte Bauweise eignet sich dieser Typ besonders für präzises Arbeiten wie Messerschmieden.
Englische/Amerikanische Form
Ein markantes Merkmal der englischen/amerikanischen Ambossform ist die Stufe zwischen Horn und Ambossbahn. Diese Stufe dient zum Schutz der Werkzeuge bei Meißelarbeiten. Die Ambosse verfügen über ein Rundhorn und ein Vierkanthorn, wodurch sie sich besonders für Huf- und Kunstschmiede eignen.
Japanische Ambossformen
Japanische Ambosse zeichnen sich durch ihre minimalistische Bauweise aus. Der Schmied steht oft in einer Grube, was den Einsatz kleinerer und spezifisch geformter Ambosse ermöglicht. Diese Reduktion auf das Wesentliche zeigt die Präzision und Tradition der japanischen Schmiedekunst.
Süddeutsche Form
Die süddeutsche Form zeichnet sich durch ihre langgestreckte und schlanke Bauweise aus. Sie verfügt über ein Rundhorn und ein Vierkanthorn sowie zusätzliche Elemente wie den Voramboss und den Stauchamboss. Diese Elemente ermöglichen die präzise Bearbeitung von Rundungen und Winkeln sowie das Stauchen von Werkstücken.
Norddeutsche Form
Die norddeutsche Ambossform ist kompakter und gedrungener. Die Hörner sind abgesetzt, und das Rundhorn ist leicht nach unten versetzt. Diese Bauweise bietet Stabilität und Präzision bei bestimmten schmiedetechnischen Anwendungen. Wesentliche Merkmale sind das Rund- und Vierkanthorn sowie die Werkzeuglöcher.
Die Bestandteile eines Ambosses und ihre Funktion
Ein Amboss besteht aus verschiedenen Teilen, die jeweils spezifische Funktionen im Schmiedeprozess erfüllen:
- Ambossbahn: Die Hauptarbeitsfläche, auf der die meisten Schmiedearbeiten wie Strecken, Biegen und Richten durchgeführt werden.
- Rundhorn: Dieses Horn wird zum Biegen von runden Formen wie Ringen genutzt und dient auch zum Strecken von Material.
- Vierkanthorn: Hilft beim Schmieden von eckigen Formen und Abkanten.
- Vierkantloch: Dient der Fixierung von Werkzeugen wie Abschrothämmern.
- Rundloch: Wird zum Lochen und für bewegliche Werkzeuge genutzt.
- Stauch: Eine spezielle Fläche zum Verdicken und Stauchen von Metall.
- Voramboss: Unterstützt beim Abkanten und Bearbeiten kleiner Werkstücke.
- Ambosskörper und -fuß: Sorgen für die notwendige Stabilität und Standfestigkeit, um die Schlagkraft effektiv zu übertragen.
- Aufgesohlte Bahn: Einige Ambosse haben eine gehärtete Stahlplatte auf der Ambossbahn, um die Härte und Lebensdauer zu erhöhen.
Materialien und Herstellung von Ambossen
Die Qualität und Langlebigkeit eines Ambosses hängen stark von den verwendeten Materialien und Herstellungstechniken ab. Früher wurden Ambosse aus mehreren zusammengeschweißten Eisenstücken gefertigt, wobei Körper und Fuß aus weicherem Material bestanden und die Oberfläche der Ambossbahn aus härtbarem Stahl gefertigt wurde. Mit fortschrittlichen Metallgießtechniken entstehen heutzutage Ambosse meist im Gussverfahren oder durch Gesenkschmiedeverfahren.
Guss- und Schmiedeverfahren
- Gussverfahren: Flüssiger Stahl wird in eine Form gegossen und anschließend gehärtet, um eine verschleißfeste Oberfläche zu gewährleisten.
- Gesenkschmieden: Ein Rohling wird in eine Form aus Ober- und Untergesenk geschlagen, um präzise und wiederholbare Formen zu erzielen.
- Aufgesohlte Modelle: Einige Modelle haben eine aufgeschweißte Stahlbahn, die die Härte und Lebensdauer erhöht. Ambosse aus reinem Gusseisen sind meist von geringerer Qualität und verschleißen schneller.
Die Bedeutung des Ambossgewichts
Das Gewicht des Ambosses ist entscheidend für die Stabilität und Effizienz beim Schmieden. Ein schwerer Amboss absorbiert weniger Energie bei Hammerschlägen, wodurch mehr Kraft auf das Werkstück übertragen wird. Empfohlen wird ein Ambossgewicht, das mindestens das Zwanzigfache des verwendeten Hammers beträgt. Stationäre Schmiedewerkstätten nutzen häufig Ambosse zwischen 100 kg und 250 kg, während mobile Einsätze leichtere Ambosse zwischen 30 kg und 40 kg erfordern.
Vorteile eines schwereren Ambosses
- Effektive Kraftübertragung: Mehr Schlagkraft wird auf das Werkstück übertragen.
- Stabilität: Reduziertes Verrutschen während der Arbeit, höhere Präzision und Sicherheit.
- Ruhiges Arbeiten: Weniger Vibrationen, angenehmere Handhabung.
Die Aufstellung des Ambosses
Eine korrekte Aufstellung des Ambosses ist essenziell für ergonomisches und effektives Arbeiten. Der Amboss sollte auf Höhe der geballten Faust stehen, um eine entspannte Arbeitshaltung zu ermöglichen. Der Stand des Ambosses muss stabil und sicher sein, beispielsweise durch Befestigung auf einem:
- Holzklotz: Traditionelle Lösung zur Dämpfung von Vibrationen.
- Metallenes Basis: Sicherer Stand, eventuell beschwert zur Stabilisierung.
- Sandgefülltes Metallfass: Geräuscharme und stabile Lösung.
Bei sehr schweren Ambossen kann eine zusätzliche Bodenverankerung sinnvoll sein, um den Amboss sicher an Ort und Stelle zu halten und so die Effizienz zu erhöhen.
Der Amboss als Werkzeug und Symbol
Der Amboss, seit Jahrtausenden ein unverzichtbares Werkzeug, trägt auch eine besondere symbolische Bedeutung in verschiedenen Kulturen.
Historische und kulturelle Bedeutung
In der nordischen Mythologie gilt der Amboss als heiliges Objekt, symbolisierend Stärke und Schöpfungskraft. In der griechischen Mythologie ist er eng mit Hephaistos, dem Gott der Schmiedekunst, verbunden und steht für handwerkliche Fähigkeiten und Ausdauer.
Spirituelle Aspekte
In der spirituellen Traumdeutung steht der Amboss für Aufrichtigkeit, Mut und Stärke. Er regt dazu an, Neues zu schaffen und Veränderungen anzustoßen.