Berechnungsweg für Anfahrtskosten
Anfahrtskosten werden grundsätzlich berechnet aus:
- den Fahrzeugkosten
- den Kosten für den Zeitaufwand
- gegebenenfalls erhobenen Zuschlägen
Fahrzeugkosten
Zu den Kosten, die ein Fahrzeug pro Kilometer verursacht gehören alle Kosten für Anschaffung und Betrieb des Fahrzeugs:
- Spritkosten
- anteilige Versicherungskosten
- anteilige Kosten für Reifen und Reifenwechsel
- anteilige Kosten für Wartung und Reparaturen
- anteilige Anschaffungskosten
Errechnung realistischer Fahrzeugkosten pro km. Realistische Fahrzeugkosten pro km werden ermittelt, indem sämtliche anfallenden Kosten übers Jahr summiert und durch die Jahreskilometerleistung geteilt werden.
Fahrzeugkosten in der Praxis. Der Kreishandwerkerschaft Göttingen zufolge können die Fahrzeugkosten je nach Fahrzeug bei rund 0,50 EUR pro km liegen. Je nach Anschaffungssituation und Fahrzeugtyp können sich die Kosten individuell allerdings in einem weiten Bereich bewegen.
Es muss zudem klar sein, dass bei der Anfahrt mit einem riesigen Spül-LKW natürlich völlig andere Fahrzeugkosten pro km anfallen als bei Anfahrt mit einem Kombi des Klempners. Der „steuerliche“ Satz von 0,30 EUR pro km kann aufgrund gestiegener Kosten heute kaum mehr realistisch mit einem Fahrzeug eingehalten werden.
Parkkosten. Die Bezahlung Parkkosten muss zuvor mit Ihnen vereinbart worden sein, ansonsten dürfen Sie ihre Bezahlung ablehnen.
Kosten für den Zeitaufwand
Die Anfahrt bedeutet für ein Unternehmen natürlich einen Verlust an verrechenbarer Arbeitszeit. Aus diesem Grund müssen die für den Zeitraum der Anfahrt anfallenden Personalkosten in irgendeiner Weise gedeckt werden.
Personalkosten bei der Anfahrt
Fahrtzeit als Arbeitszeit. Der einfachste Weg ist natürlich, die Fahrtzeit als Arbeitszeit zu verrechnen und dafür einfach den gleichen Stundensatz anzuwenden wie für die Arbeitsleistung auch.
Das Gleichsetzen der Anfahrt mit aktiver Arbeitsleistung ist Kunden allerdings nur sehr schwer zu verkaufen, zudem wird von Verbraucherschützern angemerkt, dass in den üblichen Stundensätzen gewöhnlich zwischen 5 und 15 % sogenannter Wagniszuschlag einkalkuliert sind – bei der Fahrtzeit kann man diesen Zuschlag aber nicht berechtigt anwenden.
Übliche Stundensatz-Verrechnung. Aus den gerade genannten Gründen kann ein Anfahrts-Stundensatz von 80 – 90 % des üblichen Stundensatzes als vertretbar angesehen werden. Das ist rechtlich auch in jedem Fall so zulässig. Die für das Unternehmen anfallenden Kosten müssen in irgendeiner Weise gedeckt werden.
Abrechnungsintervalle. Problematisch wird es natürlich, wenn die Stundensätze nur in sehr großen Intervallen abgerechnet werden (z. B. 0,5 Stunden). Bei der Aufrundung von 32 Minuten auf eine ganze Stunde würden unangemessen hohe und nicht mehr vertretbare Anfahrtskosten entstehen.
Eine minutengenaue Abrechnung wäre kalkulatorisch zu aufwendig, in der Praxis sollten Abrechnungsintervalle allerdings immer zwischen 5 Minuten und maximal 10 Minuten liegen. Bei vielen Betrieben werden 6-Minuten-Abrechnungsintervalle ( 1/10 Stunde) verwendet, die sehr einfach zu rechnen und nachzuvollziehen sind.
Ladekosten und Rüstzeiten
Für die Beladung des Fahrzeugs mit den für einen Einsatz bestimmten Materialien und die notwendige Arbeitsvorbereitung (Fertigmachen von benötigten Maschinen zum Transport, etc:) fällt natürlich ein Zeitaufwand an. Gewöhnlich wird dieser Zeitaufwand als „Ladezeit“ oder als „Rüstzeit“ verrechnet.
Ladezeiten und Rüstzeiten sind nur sehr eingeschränkt zulässig. Der Gesetzgeber sieht vor, dass Ladezeiten und Rüstzeiten nur dann verrechnet werden dürfen, wenn andere als die „üblichen Werkutensilien“ eingeladen oder gerüstet werden müssen.
Das heißt: für das Einladen von Werkzeugen, Materialien oder Maschinen, die man sowie in den meisten Fällen oder sehr häufig benötigt, dürfen keine Lade- oder Rüstzeiten berechnet werden. Eine Verrechnung dieser Kosten ist nur für unübliche, außergewöhnliche Fälle zulässig.
Rüstzeiten und Ladezeiten sollten separat angegeben werden. Mit welchen Rüstzeiten zu rechnen ist, sollte bereits aus einem Angebot ersichtlich sein. Auf der Rechnung sollten alle Rüst- und Ladezeiten dann separat und möglichst übersichtlich ausgewiesen sein – nur so kann man das als Kunde auch einigermaßen transparent erkennen.
Zusatzfahrten
In nicht wenigen Fällen muss der Mitarbeiter noch einmal zurück zum Unternehmensstandort fahren, um zusätzliches Material zu holen. Die Kosten dafür kann ein Unternehmen nicht immer auf den Kunden abwälzen.
Planbarer Materialbedarf geht zu Lasten des Unternehmens. Wenn einigermaßen klar war, welches Material benötigt wird oder der Mitarbeiter das einigermaßen abschätzen hätte können, muss das Unternehmen für die zusätzliche Fahrt aufkommen. Sie kann nicht den Kunden mit den Kosten dafür belasten.
Unvorhergesehener Materialbedarf. Wenn sich ein Handwerker zunächst ein Bild des Schadens machen oder die eigentlcihe Schadensursache überhaupt erst ermitteln muss („Fernraten“ des Fehlers funktioniert auch bei Spezialisten meist nicht, auch wenn Kunden das oft glauben), kann schwerlich von ihm verlangt werden, alle möglicherweise nötigen Spezial-Ersatzteile für ein bestimmtes Gerätemodell bereits im Vorfeld mitzubringen.
Wenn in einem solchen Zusammenhang eine weitere Fahrt zur Besorgung entsprechender Ersatzteile notwendig ist und die Kosten dafür dem Kunden in Rechnung gestellt werden, ist das angemessen und zulässig.
Zuschläge
Bei Einsätzen von Notdiensten sind Zuschläge auf die Fahrtkosten und die Arbeitskosten zwischen 25 % und 150 % zulässig, wenn die Einsätze abends, nachts, am Wochenende oder an Feiertagen erfolgen.
Der Zuschlag muss auf die Fahrtkosten und die Lohnkosten separat (und erkennbar) aufgeschlagen werden, eine einfache Verdoppelung des Rechnungsbetrages wäre unzulässig. Materialkosten meist auch Maschinenkosten dürfen bei Notdiensteinsätzen nicht mit Zuschlägen versehen werden.
Mögliche Verrechnungsweise bei Anfahrtskosten
Unternehmen haben insgesamt drei Möglichkeiten, Anfahrtskosten zu verrechnen:
1. Verrechnung von tatsächlichen Fahrzeugkosten und Zeitkosten
2. Verrechnung der Fahrzeugkosten, Verrechnung der Fahrtzeit als Alrbeitszeit (problematisch, siehe oben)
3. Verrechnung über im Voraus kalkulierte, gestaffelte Entfernungspauschalen
In jedem Fall muss die angewendete Verrechnungsmethode und die zu erwartende Höhe der Kosten dem Kunden im Vorfeld mitgeteilt werden. Das regelt §312a BGB.
§312a BGB und seine Auswirkungen
Mit der Änderung des §312a BGB, der allgemeine Pflichten von Unternehmen bei Verbraucherverträgen regelt, ergeben sich für Kunden deutlich mehr Rechte in Bezug auf die Information über mögliche Kosten. Der wichtigste Satz lautet:
…Der Unternehmer kann von dem Verbraucher Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten nur verlangen, soweit er den Verbraucher über diese Kosten entsprechend den Anforderungen aus Artikel 246 Absatz 1 Nummer 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche informiert hat. …
Für die Fahrtkosten bedeutet das:
1. Betriebe müssen spätestens bei Vertragsabschluss (Auftragserteilung) ihre Kunden über die Erhebung von Anfahrtskosten informieren und die Höhe der Kosten beziffern.
2. Tun Betriebe das nicht, darf man als Kunde die Bezahlung dieser Kosten verweigern.
3. Das gilt auch bei mündlich am Telefon geschlossenen Vertragsvereinbarungen.
Schriftliche Zustimmung vor Arbeitsbeginn. Viele Betriebe lassen sich die Erteilung des Auftrags und die Zustimmung zu den Fahrtkosten nach dem Eintreffen des Monteurs noch einmal kurz schriftlich bestätigen. Das schafft auch bei telefonisch erteilten Aufträgen dann Rechtssicherheit für beide Seite.
Fahrtkosten sollten bereits im Angebot enthalten sein. Wenn man ein Angebot erhält, sollten die Fahrtkosten und mögliche Lade- und Rüstzeiten darin bereits berücksichtigt und beziffert sein.
Regelungen bei mehreren Kunden hintereinander und nicht genau bekannten Anfahrtszeiten
In vielen Fällen lassen sich die Anfahrtskosten nicht im Vorab genau beziffern – oder es werden mehrere Kunden nacheinander angefahren. Auch für solche Situationen gelten bestimmte Regeln, die Unternehmen einhalten müssen.
Nicht genau bekannte Anfahrtskosten oder mehrere Anfahrten
Die Anfahrtsentfernung lässt sich im Allgemeinen schnell ermitteln, problematisch ist aber eher, dass sich bei sehr umfangreichen Arbeiten nicht genau sagen lässt, wie oft man als Handwerker mögilcherweise anfahren muss.
Vorteilhaft ist es für Unternehmen, wenn es Entfernungspauschalen bei der Verrechnung gibt. Damit lassen sich zumindest solche Situationen häufig etwas leichter lösen.
Zahl der möglichen Anfahrten muss angegeben werden. Wenn mehrere Anfahrten möglich sein könnten, muss man als Kunde darüber vorab informiert werden. Das muss in der Form geschehen:
„Für die Fahrtkosten zwischen unserem Firmenstandort und Ihrem Haus verrechnen wir gemäß unserer Entfernungspauschalen 35 EUR pro Termin. Es werden mindestens 2 Termine erforderlich sein, unter Umständen können aber auch bis zu 4 Termine nötig sein..
Was nicht abgesprochen wurde, brauchen Sie nicht zu bezahlen. Wird die Zahl der möglichen Anfahrten nicht genannt, brauchen Sie die zusätzlichen Anfahrten nicht zu bezahlen.
Wenn der Arbeitsaufwand deutlich größer wird als erwartet, wenn Sie zusätzliche Wünsche haben oder wenn die Kosten aufgrund unvorhergesehener Probleme deutlich höher liegen werden als erwartet (über 15 % des zuvor veranschlagten Betrags), wird Ihr Handwerker in den meisten Fällen ohnehin ein Zusatzsangebot machen. Die zusätzlichen Fahrtkosten sollten darauf festgehalten sein.
Mehrere Kunden hintereinander
Fahrtkosten bei mehreren Kunden müssen aufgeteilt werden. Wenn ein Betrieb mehrere Kunden nacheinander anfährt, müssen die Fahrtkosten entsprechend aufgeteilt werden. Grundsätzlich gilt: Ein Betrieb darf immer nur das verlangen, was auch tatsächlich anfällt. Jeder Kunde bezahlt dabei nur für das, was er tatsächlich an Aufwand auch ausgelöst hat.
In Angeboten zulässig, in der Verrechnung nicht. Da sich häufig der Tagesverlauf, die Fahrtrouten und die Arbeitszeiten nicht immer exakt schon Tage im voraus planen lassen, ist es zulässig, wenn der Handwerker im Angebot bei jedem einzelnen Kunden die Fahrtstrecke zwischen Unternehmenssitz und Kundenadresse ansetzt.
Verrechnen darf er diese Kosten so allerdings nicht, sondern nur die Kosten (und den Zeitaufwand) für die tatsächlich gefahrene Strecke. Als Kunde lässt sich das im Einzelfall allerdings nur schwer überprüfen – damit besteht auch kaum eine Möglichkeit, zu hoch ausgefallene Anfahrtskosten anzumahnen.
Zeitliche Flexibilität hilft Anfahrtskosten sparen. Wer nur kleine Arbeiten zu erledigen hat und zeitlich flexibel ist, kann den Handwerker darauf aufmerksam machen, dass er die Arbeiten gerne dann erledigen darf, wenn er gerade in der Nähe ist. Damit fällt für den Monteur ein deutlich geringerer Anfahrtsaufwand an, der sich dann wiederum in geringeren Anfahrtskosten niederschlägt.
Überhöhte Anfahrtskosten bei unseriösen Unternehmen vermeiden
Besonders bei Notdienst-Unternehmen kommt es immer wieder einmal zu Versuchen, die Kosten künstlich zu erhöhen. Auch für diese Unternehmen gilt die Informationspflicht wie für jeden anderen Unternehmer, häufig muss man als Kunde aber direkt nachfragen.
- von welchem Ort aus wird angefahren (das ist nicht immer der Ort, unter dem ein Notdienst eingetragen ist)?
- welche Anfahrtskosten werden verrechnet?
- ist die Fahrtzeit als Arbeitszeit in der Pauschale für die Anfahrt enthalten?
- welche Stundensätze werden verlangt?
Nicht selten kommt es vor, dass der Anruf bei einer Notdienst-Nummer aus dem regionalen Umfeld an eine Zentrale weitergeleitet wird und dann ein Monteur aus bis zu 150 km Entfernung mit enormen Anfahrtskosten eintrifft. Wer zuvor nicht nachgefragt hat, hat hier das Nachsehen.
Wer sich grundsätzlich absichern möchte, sollte am besten nach Fachbetrieben suchen, die zusätzlich auch Notdienst leisten und auf reine Notdienste besser verzichten.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Anfahrtskosten (oder andere Kosten) auf einer Rechnung nicht korrekt verrechnet wurden, können Sie sich jederzeit an eine der Verbraucherschutzzentralen wenden und die Rechnung entsprechend prüfen lassen. Dort erhalten Sie auch weitere Informationen darüber, welche Rechnungsbeträge und Verrechnungsweisen zulässig sind und welche nicht.