Schäden, die oft im Verborgenen liegen
Der Anblick ist alles andere als ästhetisch, wenn Hauseigentümer es mit Ausblühungen im Mauerwerk zu tun haben, die zumindest in ihrem Anfangsstadium nur mit Mühe erkannt werden. Umso schneller verbreiten sich diese Stellen mit ihren schlierenähnlichen Verwaschungen, deren Ursache meistens ziemlich tief liegt und den Beginn eines allmählichen, aber dafür gründlichen Zersetzungsprozesses innerhalb der Mauer oder unter einer Mörtelschicht einläutet. Ziemlich tief deswegen, weil der Ursprung oft in einem über längere Zeit durchfeuchteten Fundament zu finden ist, was nicht selten auf grobe Baumängel hindeutet, wenn die betreffende Immobilie erst wenige Jahre alt ist.
Früher war eben alles besser auf dem Bau!?
Vielleicht wurde solider gebaut und länger. Auch der Preisdruck, der auf den Bauunternehmen lastet, war vor 30 oder 40 Jahren weniger stark ausgeprägt. Heute lässt man hier mal eine Dämmfolie weg und tauscht an anderer Stelle hochwertiges gegen billiges Baumaterial. Schließlich wurde ja knallhart unterm Selbstkostenpreis kalkuliert, um den Auftrag zu bekommen und bei der Bauendabnahme, wird schon keiner was merken. Falsch – Baustoffe sind heutzutage hochkomplexe Materialien, die einer exakten Verarbeitung bedürfen. Vorbei sind die Zeiten „Ein Stein, ein Kalk, ein Bier.“ Bei den Top Ten der Baumängel ist unschwer zu erkennen, dass Feuchtigkeit und Baupfusch von der Häufigkeit her eine immense Rolle spielt, womit wir wieder beim ausblühenden Mauerwerk angelangt wären.
Wo hakt die Qualität auf dem Bau am meisten?
Ein Stückchen tiefer eindringen müssen wir noch in die Materie, wenn auch nur mit dieser kleinen und selbsterklärenden Übersicht zu den häufigsten Baumängeln. Sie wurde 2016 vom Verein zur Qualitätskontrolle am Bau e. V. erarbeitet und stützt sich auf Untersuchungen von 6.000 BETREUTEN Baustellen. Mindestens die fett markierten Beanstandungen stehen dabei in ursächlichem Zusammenhang mit dem ausblühenden Mauerwerk.
1. Putz und/oder Mauerwerk haben Risse;
2. Fensterlaibungen sind durchfeuchtet;
3. Undichtheiten der Dampfsperre;
4. Bodeneinschubtreppe wurde falsch montiert;
5. Spitzboden ist nicht entlüftet worden;
6. Undichtheiten im Keller;
7. Risse in tragenden Holzteilen;
8. Entwässerung bei der Kelleraußentreppe fehlt;
9. Falsche Dehnungsfugen bei Estrich;
10. Undichtheiten von Lüftungsanlagen;
Dass wir es bei solchen Mängeln nicht mit Lappalien oder Schönheitsfehlern zu tun haben, dürfte klar sein, ebenso wie die Tatsache, dass der mäßig geübte Hobbyhandwerker allein mit der Schadensbegrenzung bei Ausblühungen im Mauerwerk vor einer echten Herausforderung steht.
Sanierungsmaßnahmen beginnen mit Ursachenforschung
Die Eingrenzung und Bekämpfung von Feuchtigkeit gehört zu den schwierigsten Aufgaben auf dem Bau, da die Ursachen sehr vielfältig sein können. Neben nicht selten anzutreffender Baufeuchte, die durch das sogenannte Anmachwasser im Mörtel bzw. Putz entsteht, kann es sich um mechanische Beschädigungen an Dachrinnen, Dachabdeckungen oder Drainagen handeln und selbst intensiver Schlagregen ist durchaus in der Lage, über 40 cm dicke Mauern zu durchdringen. Die Salze, die im Wasser enthalten sind, lösen sich, um mit der im Mauerwerk enthaltenen Feuchtigkeit mitzuwandern. Nachfolgend bilden sich Kristalle während des natürlichen Verdunstungsprozesses und mit der Zeit entstehen diese charakteristischen Ausblühungen am Mauerwerk. Zunächst zeigen sich immer größer werdende Risse, die den Putz schließlich absprengen.
Die Ursachen für Ausblühungen am Mauerwerk liegen tiefer
Das Mauerwerk lässt sich am bildhaftesten mit dem Kapillarsystem von Pflanzen vergleichen, in dem die Feuchtigkeit so lange nach oben steigt, bis sie durch Verdunstung an die Außenluft abgegeben werden kann. Schlecht oder manchmal sogar überhaupt nicht ausgeführte Vertikal- oder Horizontalsperren begünstigen diesen Prozess, der dann nur noch durch aufwendige Sanierungsmaßnahmen in den Griff zu bekommen ist. Kein Problem für den Laien, solange es sich bei dem befallenen Bauwerk lediglich um den Fundamentsockel einer Garage oder der Gartenlaube handelt. Bei Wohngebäuden sind, auch im Interesse möglicher Folgeschäden sowie der Gesundheit der Bewohner, professioneller Rat und fachlich kompetente Hilfe unerlässlich.
Verfärbungen sind (fast) immer ein Indiz für Feuchteschäden
Oft lassen sich diese Ausblühungen, die in Gestalt eines unübersehbaren Schleiers, selbst auf relativ neuem Mauerwerk auftreten, in unterschiedlichen Formen feststellen, die auch ein Laie auf bautechnischem Gebiet sehr schnell erkennt. Zu den geläufigsten Erscheinungsformen zählen:
- Weiße Streifen in vertikaler Richtung sind mit großer Wahrscheinlichkeit Kalkablagerungen
- Hellgraue bzw. weiße Ausblühungen, die nach und nach zu einer festen Kruste werden und sich auf den mehreren Steinen ablagern (Gips).
- Helle Ablagerungen zwischen trockenen und feuchten Abschnitten des Mauerwerks (Austritt von Salzen).
- Dunkle, schlierenartige Auswaschungen von Silikaten, die großflächig sichtbar werden.
Eine schnelle Lösung muss her
Gipskruste lässt sich unter Umständen und für den Fall, dass sie nicht zu weit fortgeschritten ist, mechanisch beseitigen. Und auch die Salzablagerungen, die bei Ausblühungen im Mauerwerk oft gleich am Anfang auftreten, können mit einer ordentlichen Portion Wasser und mehreren Waschungen beseitigt werden. Gegen Silikate sind aber selbst aggressive Chemikalien nahezu machtlos und extrem hart sind diese Ablagerungen ebenfalls. Aber selbst wenn es klappen sollte, sind damit die eigentlichen Ursachen für den beginnenden Verfall der schadhaften Wand oder der Mauer noch lange nicht beseitigt. Von daher sollten Sie Folgendes möglichst auf gar keinen Fall tun:
Wand versiegeln und fertig?
Mit den Versprechungen der Bauchemie geht man besser vorsichtig und in jedem Fall objektbezogen um, denn die Behandlung der Wand mit Wasser abweisenden Lösungen ist ganz sicher nicht DIE Lösung. Gern werden zur Bekämpfung von Ausblühungen im Mauerwerk Anstriche mit einer Kunstharzdispersion, der Überzug befallener Stellen mit Wasserglas (einem Silikat) oder die Hydrophobierung mit Silikaten angeboten und verkauft. Jede dieser Varianten verhindert jedoch eine gewünschte Austrocknung der Wand und unterbindet damit die kapillare Leitfähigkeit des Baumaterials komplett. Von Schutzmaßnahmen kann daher keine Rede sein, da mit solch einer Versiegelung das Gegenteil erreicht wird. Primat hat an dieser Stelle eine wirksame und auf Dauer anhaltende Reparatur aller Undichtheiten und sämtlicher Risse.
Ausblühungen am Mauerwerk – wie weit geht die Selbsthilfe?
Unterschieden werden muss zu Beginn, ob es sich um einen Neubau handelt, für den eventuell noch Gewährleistungsansprüche bestehen oder ob ein altes Gebäude saniert werden soll. Bei Feuchtigkeitsschäden – und um nichts anderes handelt es sich bei Ausblühungen im Mauerwerk – muss allerdings dringend angeraten werden, zunächst einen Fachmann hinzuzuziehen, denn nur der ist in der Lage zu beurteilen, wie gegen einen solchen Schaden optimal vorgegangen wird und vor allem, wo er herkommt.
Welche Arbeiten auf den Bauherren zukommen könnten
Oberster Grundsatz: Bei solcherart von Sanierungen müssen sowohl die Materialien des derzeitig vorhandenen Baubestandes, die neu zu verwendenden Baustoffe und die Nutzung des Gebäudes berücksichtigt werden und miteinander harmonisieren. Dazu kommt, dass selbst bei sorgfältigster Trockenlegung eine Restfeuchtigkeit durch die bereits eingelagerten Schadstoffe bestehen bleiben wird. Der entsprechende Wert kann bei Altbauten durchaus bei 5 bis 10 Prozent und in neu errichteten Immobilien bei 0,5 bis 1,5 Prozent liegen. Bewährte Baustoffe für den Altbau müssen für die Sanierung von Neubauten noch lange nicht taugen. Genauso ist es umgekehrt und schon deshalb sind Materialfrage und Methodik der Sanierungsarbeiten bei Ausblühungen im Mauerwerk ein Fall für den Bauspezialisten.
Mörtel beim Außenputz erneuern
Da Putzmörtel immer besonders stabil an der Außenhaut sein soll, wird dem Kalk immer gerne ein wenig mehr an Zement beigegeben, als wirklich sein muss. Folge: Durch die im alten Mauerwerk vorhandenen Restsalze wird zementhaltiger Mörtel anschließend noch schneller zerstört. Hilfreich ist die Verwendung sogenannter Sanierputze, die später weitaus höhere Stabilität sowie eine besonders hohe Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeitseinflüsse aufweisen, dafür allerdings vom baubiologischen Standpunkt kritisch betrachtet werden.
Horizontalsperren überlisten das Kapillarsystem
Von daher kann sich Feuchtigkeit in Bauwerken, beispielsweise in Erdbodennähe nur so weit nach oben fortpflanzen, bis sie durch geeignetes Material abgesperrt wird. In älteren Gebäuden verwendete man früher Bleimatten und spezielle Teerpappen zur Isolierung. Heute sorgen Feuchtigkeitssperren aus Gewebe, Metalleinlagen oder wasserundurchlässige Well- und Noppenplatten aus synthetischen Materialien für horizontale und vertikale Abdichtungen. Um schadhafte Horizontalsperren infolge von Ausblühungen des Mauerwerks zu erneuern, werden diese in der Regel komplett ausgetauscht. Beispielsweise durch:
- Händisches Herausnehmen zwischen Fundament und dem aufgehenden Mauerwerk;
- Durchtrennen bzw. Aussägen (großzügig im Bereich der festgestellten Ausblühungen);
- Eintreibungen von zusätzlichen Stahlwellplatten (dafür sind waagerechte Mauerfugen mithilfe eines Presslufthammers vorzubereiten, was Erschütterungen in der Gebäudesubstanz zur Folge hat).
- Bohrkernsperren, die mit wasserdichtem Beton versiegelt werden (kein absoluter Aus- bzw. Abschluss der Feuchtigkeit, sondern eher eine Methode der Dämmung).
Sanierungsarbeiten bei Ausblühungen im Mauerwerk sind kostenintensiv
Allein diese kleine und keineswegs vollständige Übersicht der Arbeiten, die auf einen Immobilienbesitzer zukommen können, wenn Ausblühungen im Mauerwerk und vor allem deren Ursachen beseitigt werden müssen zeigt, dass in solchen Fällen nicht nur spezielle Werkzeuge und Geräte, sondern auch das absolut richtige Baumaterial und eine gewisse Fachkenntnis bauphysikalischer Abläufe erforderlich sind. Zusätzlich geht es in der Regel um viel Geld, denn der Gesamtschaden am Bauwerk ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar, von der sich immer mehr verschlechternden Wohnqualität einmal ganz abgesehen. Bei Altbauten kann es sich von daher durchaus lohnen, diese Arbeiten mit einer energetischen Sanierung des Gebäudes oder Teilen davon, zu verbinden.
Der beste Weg, um an Fördermittel zu kommen
Ob zinsgünstiger Kredit oder staatlicher Zuschuss – sanierungswilligen Hausbesitzern steht ein gut gefüllter Fördertopf von Bund, Ländern, Kommunen und sogar Energieversorgern zur Verfügung. Rund 6.000 dieser Programme gibt es derzeitig, die kombinierbar sind, oder sich gegenseitig ausschließen. Jede Förderung vom Staat ist individuell. DIE Förderung gibt es nicht und wer seine Möglichkeiten dennoch voll ausschöpfen will, kommt um einen sogenannten Energieeffizienz-Experten nicht herum (der kann im Übrigen auf Antrag bei der KfW ebenfalls staatlich subventioniert werden). Diese Fachleute planen und begleiten die gesamte Sanierungsmaßnahme darüber hinaus auch aus bautechnischer Sicht, was Ihnen als Bauherr auch die notwendige Sicherheit bezüglich einer kompetenten Bauausführung gibt.
Ausblühungen im Mauerwerk ein komplexer Sanierungsfall
Andreas Skrypietz, Energieberater und Leiter der Klimaschutz- und Informationskampagne „Haus sanieren – profitieren“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) weist in der Fachzeitschrift „Haus & Markt“ von April 2016 darauf hin, dass „im Idealfall Fassaden aller Art regelmäßig von Bau- oder Sanierungsexperten auf Schwachstellen untersucht werden sollten. Auf jeden Fall aber sollte der Hausbesitzer mindestens einmal im Jahr selbst die Außenwände unter die Lupe nehmen.“ Wem mögliche Probleme, wie Ausblühungen im Mauerwerk oder Schäden an der Fassade auffallen, solle nicht selbst ausbessern, sondern Rat bei einem Sachverständigen suchen.
Wenn bereits auffällige Risse über eine größere Fläche der Fassadenwand erkennbar sind und offensichtlich einen Neuverputz erforderlich machen, ist es angebracht, sich Gedanken über eine energieeffiziente Fassadendämmung zu machen. Das erspart, neben einem hohen finanziellen Aufwand, auch doppelte Kosten für Baustellenabsicherung, Gerüst und einer gegebenenfalls erforderlichen Wiederherstellung der Außenanlage des Grundstücks.