Was ist besonders erhaltenswerte Bausubstanz?
Besonders erhaltenswerte Bausubstanz (beB) umfasst Gebäude, die durch ihre historische, architektonische oder städtebauliche Bedeutung das Stadtbild prägen. Im Unterschied zu denkmalgeschützten Objekten genießen sie jedoch keinen speziellen gesetzlichen Schutz. Solche Gebäude können aus verschiedenen Epochen stammen und tragen oft zur Identität und Geschichte der Stadt oder Gemeinde bei.
Das Konzept der besonders erhaltenswerten Bausubstanz ist in §105 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) verankert. Die Verantwortung für die Identifikation und Klassifizierung dieser Bausubstanz liegt bei den Kommunen. Hierbei werden Aspekte wie die Ursprünglichkeit der Baumaterialien, die typischen architektonischen Merkmale und die städtebauliche Einbindung des Gebäudes berücksichtigt.
Um als besonders erhaltenswert eingestuft zu werden, genügt oft eine hohe kulturelle oder historische Relevanz, die Zugehörigkeit zu einem charakteristischen Ensemble oder das Vorhandensein einzigartiger gestalterischer Elemente. Diese Einstufung ermöglicht es, dass diese Gebäude auch bei energetischen Sanierungsmaßnahmen erhalten bleiben, um die regionale Baukultur zu bewahren.
Die Kommunen setzen diese Kriterien im Rahmen von Stadtentwicklungsprojekten um. Durch die bewusste Integration dieser Gebäude in Planungsprozesse tragen sie zur nachhaltigen Stadtentwicklung bei und stärken das kulturelle Erbe und die Identität der Gemeinde.
Kriterien für die Einstufung als besonders erhaltenswerte Bausubstanz
Bei der Entscheidung, ob ein Gebäude als besonders erhaltenswerte Bausubstanz eingestuft wird, spielen mehrere spezifische Kriterien eine Rolle. Diese gewährleisten, dass sowohl kulturelle als auch technische Aspekte berücksichtigt werden:
1. Typische Strukturmerkmale:
Die Architektur sollte für die Umgebung typisch sein, einschließlich Form, Größe, Materialität und Baukörper.
2. Einfluss auf das Stadtbild:
- Standort und Lage sind wichtig. Ein Gebäude, das an einer zentralen Stelle oder in einer Sichtachse liegt und das Stadtbild prägt, wird als wertvoll erachtet.
- Die Zugehörigkeit zu einem Ensemble erweitert den Betrachtungsrahmen auf eine Gruppe von Bauwerken.
3. Geschichtliche Bedeutung:
Die historische Relevanz des Gebäudes wird bewertet. Es sollte eine wichtige Phase oder einen besonderen Abschnitt in der Geschichte des Ortes repräsentieren.
4. Architektonische Gestaltung und Alter:
Der architektonische Stil und das Baualter sind von Interesse, insbesondere einzigartige oder epochenspezifische gestalterische Elemente.
5. Auswirkungen energetischer Sanierungen:
Es wird geprüft, wie energetische Maßnahmen das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflussen. Maß und Verhältnismäßigkeit spielen hier eine Rolle.
Diese Kriterien erleichtern es den Kommunen, fundierte Entscheidungen über die Erhaltungswürdigkeit eines Gebäudes zu treffen und das ästhetische, historische und städtebauliche Erbe der Region zu bewahren.
Die Rolle der Kommunen
Kommunen tragen maßgeblich zur Identifikation und Erhaltung besonders erhaltenswerter Bausubstanz bei. Ein zentraler Ansprechpartner, oft der Amtsleiter für Stadtentwicklung, koordiniert diese Aktivitäten.
Die formlose Bestätigung der Einstufung ermöglicht es Eigentümern, auf Fördermittel zuzugreifen, was den Verwaltungsaufwand minimiert. Klare und transparente Kriterien für die Bewertung und Einstufung von Gebäuden sind hierbei wesentlich. Diese sollten öffentlich dargestellt und regelmäßig überprüft werden.
Eine enge Zusammenarbeit mit Denkmalpflegebehörden und Förderinstitutionen ist ebenfalls wichtig. Kooperationen helfen, nachhaltige Strategien für den Erhalt und die energetische Modernisierung zu entwickeln. Durch proaktive Öffentlichkeitsarbeit und Einbeziehung der Gemeinschaft wird das Bewusstsein für die Bedeutung besonders erhaltenswerter Bausubstanz gestärkt.
Besonders erhaltenswerte Bausubstanz und energetische Sanierung
Die energetische Sanierung von Gebäuden mit besonders erhaltenswerter Bausubstanz stellt besondere Herausforderungen dar. Um den einzigartigen Charakter und die ästhetischen Merkmale zu bewahren, sollten folgende Ansätze berücksichtigt werden:
- Sanierungsmethoden anpassen: Arbeiten Sie mit traditionellen Baumaterialien wie Holz, Ziegel und Naturstein. Diese Materialien können oft aufgearbeitet und wiederverwendet werden.
- Innenwanddämmung: Ist eine gute Alternative zur Außendämmung, um das äußere Erscheinungsbild zu bewahren und die Energieeffizienz zu verbessern.
- Erhalt und Verbesserung bestehender Fenster und Türen: Optimieren Sie die Isolierung durch den Erhalt und die Verbesserung der bestehenden Fenster und Türen, z.B. durch Dichtungen und zusätzliche Isolierverglasungen.
- Einsatz moderner Heiz- und Lüftungssysteme: Integrieren Sie moderne, energieeffiziente Systeme unsichtbar in die historische Struktur, um die Gesamtenergiebilanz zu verbessern.
- Solartechnologie: Nutzen Sie Photovoltaikanlagen oder Solarthermie, sofern diese harmonisch ins architektonische Gesamtbild integriert werden können.
Neben technischen Lösungen spielt die finanzielle Unterstützung durch Förderprogramme eine wichtige Rolle. Informieren Sie sich bei Ihrer Kommune über mögliche Förderungen und nehmen Sie gegebenenfalls Beratung durch Experten in Anspruch.
Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit
Eine gründliche Dokumentation und umfassende Öffentlichkeitsarbeit sind entscheidend für den Erhalt besonders erhaltenswerter Bausubstanz. Erstellen Sie detaillierte Bestandsaufnahmen mit Informationen zu historischen, architektonischen und städtebaulichen Aspekten. Diese Dokumentation sollte systematisch erfolgen und regelmäßig aktualisiert werden.
Nutzen Sie verschiedene Kommunikationswege, um das Bewusstsein für den Wert und die Bedeutung dieser Bausubstanz zu erhöhen:
- Informationskampagnen: Organisieren Sie Kampagnen, um die Bevölkerung und potenzielle Investoren zu informieren.
- Broschüren und Online-Ressourcen: Entwickeln Sie Materialien mit leicht zugänglichen Informationen und Best-Practice-Beispielen.
- Workshops und Veranstaltungen: Veranstalten Sie regelmäßige Workshops und Seminare für Fachleute und Interessierte.
- Beratungsangebote: Bieten Sie individuelle Beratungen für rechtliche, finanzielle und technische Fragen.
- Partizipative Planungsprozesse: Integrieren Sie die lokale Gemeinschaft aktiv in die Planungsprozesse.
Durch eine kontinuierliche Dokumentation und umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit schaffen Sie nicht nur die Grundlage für den Erhalt von Baukultur, sondern fördern auch das Engagement und die Wertschätzung der Gemeinschaft.
Beispiel Brandenburg
In Brandenburg wird der Erhalt besonders erhaltenswerter Bausubstanz aktiv gefördert, um die städtebauliche Identität und historische Kontinuität zu bewahren. Die Initiative des Baukulturjahres 2023 umfasst verschiedene Veranstaltungen und Publikationen zur Bewusstseinssteigerung. In Städten wie Jüterbog und Luckenwalde wurden umfangreiche Maßnahmen zur Bestandsaufnahme und Bewertung der Bausubstanz durchgeführt.
Diese Städte zeigen, wie die Zusammenarbeit von Kommunen, Denkmalpflege und Förderinstitutionen praxisnahe Lösungen hervorbringt. Ein Schwerpunkt liegt auf der Integration energetischer Sanierungsmaßnahmen, die den Charakter der historischen Bauten nicht beeinträchtigen. Eigentümer werden durch Beratungsangebote und finanzielle Unterstützungen gefördert, ihre Gebäude fachgerecht zu sanieren.
Bedeutung für die Stadtentwicklung
Besonders erhaltenswerte Bausubstanz spielt eine zentrale Rolle in der Stadtentwicklung und fördert die nachhaltige Gestaltung urbaner Räume. Durch den Erhalt und die Integration solcher Gebäude können Sie mehrere Ziele verfolgen:
- Bewahrung der Baukultur: Ältere Gebäude tragen zur kulturellen Identität Ihrer Stadt oder Gemeinde bei.
- Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung: Die Wiederverwendung bestehender Bausubstanz spart wertvolle Ressourcen und reduziert den Energieaufwand.
- Anpassung an moderne Klimaziele: Zielgerichtete energetische Modernisierung kann ohne den Verlust historischer Werte erfolgen.
- Wertsteigerung und Attraktivität: Historische Gebäude steigern die Attraktivität eines Stadtteils und fördern die lokale Wirtschaft.
Förderprogramme und finanzielle Unterstützung helfen, Sanierungsprojekte effizient umzusetzen und den Erhalt der wertvollen Bausubstanz zu sichern. So profitieren Städte langfristig durch gesteigerte Lebensqualität und nachhaltige Stadtentwicklung, die historische und ökologische Aspekte berücksichtigt.