Wann und wo dringt Feuchtigkeit in ein Gebäude ein?
Feuchtigkeit dringt in Gebäude von zwei Seiten ein: Einerseits kommt es zu Feuchtigkeitsbelastungen, wenn die äußere Gebäudehülle undicht ist. Den entsprechenden Feuchtigkeitsschutz leisten sogenannte Wetterschutzschichten, also die äußere Dachabdeckung oder die äußere Fassadenwand. Gegen aufsteigende Feuchtigkeit von unten wirken Sperrschichten in der Sockelkonstruktion des Hauses. Außerdem dringt Luftfeuchtigkeit (Wasserdampf) aus dem Gebäudeinneren mittels Diffusion oder Konvektion in die Wandkonstruktion und die Wärmedämmung ein. Bei Neubauten ergibt sich durch die Baufeuchte eine zusätzliche Feuchtigkeitsbelastung der Dämmschicht und der Bausubstanz.
Tabelle 1: Feuchtigkeitsbelastung in Innenräumen von Gebäuden
Art der Feuchtigkeitsbelastung | Raumfeuchte (g/Stunde) |
---|---|
Duschen | 700 |
Baden | 260 |
Menschen – leichte körperliche Aktivität | 60 |
Menschen – mittelschwere körperliche Arbeit | 120 – 200 |
Menschen – schwere körperliche Arbeit | 200 – 300 |
Küchenarbeiten (Tagesmittel) | 100 |
Zimmerpflanzen | 2 – 20 |
Wäsche – 4,5-kg-Trommel – geschleudert | 50 – 200 |
Wäsche – 4,5-kg-Trommel – tropfnass | 100 – 500 |
Was bewirken Dampfbremsfolien?
Luftfeuchtigkeit in Form von Wasserdampf fällt in allen Gebäuden an. Er diffundiert grundsätzlich von warmen zu kalten Wandbereichen – im Winter also aus den beheizten Innenräumen in Richtung Außenwand. In der warmen Jahreszeit kann es bei bestimmten Wetterlagen mit warmer, sehr feuchter Außenluft auch zur sogenannten Umkehrdiffusion – der Diffusion von Feuchtigkeit von außen in das Gebäudeinnere – kommen. Gravierende Bauschäden können entstehen, wenn sich die Luftfeuchtigkeit in Form von Kondenswasser in der Dämmschicht oder zwischen Dämmschicht und Wänden niederschlägt. Eine Dampfbremse minimiert das Eindringen von Feuchtigkeit in die Wärmedämmung.
Ziel des Einbaus einer Dampfbremse
Eine völlig dampfdichte Isolierung – eine sogenannte Dampfsperre – ist in der Praxis kaum zu realisieren. Dampfbremsfolien bewirken jedoch, dass der größte Teil der Luftfeuchtigkeit nicht in die Dämmschicht eindringt, im Gebäudeinneren verbleibt und durch Lüften nach außen abgeleitet wird. In einem gewissen Maße sollten die Folien aus heutiger Sicht jedoch diffusionsoffen sein, damit eine Trocknung trotzdem eingedrungener Feuchtigkeit möglich ist. Gleichzeitig haben Dampfbremsfolien sowie der Gesamtaufbau der Dämmschicht Einfluss auf die Lokalisierung des sogenannten Taupunkts.
Was ist der Taupunkt?
Der Taupunkt bzw. die Taupunkttemperatur bezeichnet den Temperaturwert, an dem sich bei gleichbleibendem Druck der in der Luft enthaltene Wasserdampf als Kondenswasser niederschlägt. Kondenswasser (Tauwasser) setzt sich somit an Stellen ab, an dem die Temperatur des Dämm- oder Baustoff geringer ist als die Taupunkttemperatur. Die relative Luftfeuchtigkeit am Taupunkt beläuft sich auf 100 Prozent. Die Taupunkttemperatur steigt mit dem Grad der Feuchtigkeitssättigung der Luft.
Berechnungsbeispiel und Taupunktszenarien
Die DIN-Norm 4108 (Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden) sieht für die Dachdämmung nicht klimatisierter Häuser zusammen mit der Montage einer ausreichend dicken Dämmschicht nach den Vorgaben der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) 2014 auch das Einbringen einer Dampfsperr- oder Dampfbremsfolie vor. Für die Berechnung des Taupunkts geht diese Norm von einer Außentemperatur von – 10 °C und einer gleichzeitigen Innentemperatur von +20 °C aus. Der Taupunkt wird erreicht, wenn die Oberflächentemperatur geringer ist als +12,6 °C. Abhängig von der Positionierung der Dampfbremse können sich hieraus unterschiedliche Taupunktszenarien ergeben:
- Der Idealfall: Die Raumseite der Dampfbremsfolie ist so warm, dass sich dort kein Kondenswasser absetzen kann. Gleichzeitig ist der Dampfsperrwert der Folie ausreichend hoch, um die Wasserdampfdiffusion in die Dämmschicht völlig zu verhindern.
- Geringe Diffusion: Geringe Mengen Wasserdampf diffundieren in die Dämmschicht, durch die Diffusionsoffenheit der Wärmedämmung und der Außenwand wird der größte Teil dieser Feuchtigkeit jedoch nach außen abgeleitet. Im Regelfall ist bei einer Wärmedämmung mit Dampfbremse dieses Szenario gegeben.
- Der ungünstigste Fall: Die Oberflächentemperatur der Dampfbremse beträgt +12,6 °C. Tauwasser entsteht entweder raumseitig oder in der Dämmschicht. Die Durchfeuchtung des Dämmstoffs reduziert die Dämmungsleistung oder hebt sie völlig auf. Wenn die Feuchtigkeit nicht verdunsten oder abgeleitet werden kann, können daraus erhebliche Feuchtigkeitsschäden resultieren.
Feuchtigkeitsschäden durch Konvektion
Bei diesen drei Taupunktszenarien geht es jeweils um die Diffusion von Wasserdampf. Davon unterschieden sind Feuchtigkeitsprobleme, die durch Konvektion entstehen. In der Bauphysik ist Konvektion eine feuchtwarme Luftströmung, mit der Wasserdampf in die Dämmschicht und die Bausubstanz gelangt. Die Konvektion von Wasserdampf führt zwangsläufig und in kurzer Zeit zu weitreichenden Feuchtigkeitsschäden. Holzkonstruktionen sowie Gebäude in Holzrahmenbauweise sind in besonders starkem Maß davon betroffen.
Konvektionsschäden: Durch Schäden in der Dampfbremsfolie sowie durch Wärmebrücken
Konvektionsschäden entstehen durch undichte Stellen und Risse in der Dampfbremsfolie sowie durch Wärmebrücken. Letztere sind Bereiche, aus denen die Wärme aus den Innenräumen schneller abgeleitet wird als in den benachbarten Arealen einer gedämmten Wand. Ein erhöhtes Risiko für Wärmebrücken besteht beispielsweise an Fenster- und Türöffnungen, Rohranschlüssen, den Dachsparren und anderen Balkenkonstruktionen. An diesen Stellen ist eine besonders sorgfältige Wärmedämmung nötig.
Vergleich: Auswirkungen von Feuchtigkeitsdiffusion und Konvektion
Wenn eine Dampfbremsfolie einen Riss von 1 m Länge und 1 mm Breite aufweist, gelangt durch Konvektion bis zu 60.000 Mal mehr Feuchtigkeit in die Wandkonstruktion als bei der Feuchtigkeitsdiffusion durch eine 12,5 mm dicke Gipskartonplatte auf einer Fläche von 1 m2.
Dampfsperre oder Dampfbremse?
Baustoffe verfügen über einen definierten Dampfsperrwert (Wasserdampfdiffusionswiderstand). Dieser beschreibt den spezifischen Widerstand, den ein Material der Luftfeuchtigkeit im Vergleich zu einer gleich dicken, ruhenden Luftschicht entgegensetzen kann. Jedoch stellt dieser Wert keine Relation zur tatsächlichen Dicke von Baumaterialien oder Dämmstoffen her. Diffusionsoffene Stoffe verfügen über einen vergleichsweise niedrigen Wasserdampfdiffusionswiderstand.
Der Sd-Wert
Ob ein Material als Dampfsperre oder Dampfbremse wirkt, wird daher anhand der wasserdampfdiffusionsabhängigen Luftschichtdicke (Sd-Wert) definiert. Der Sd-Wert bezeichnet den Widerstand, den das konkrete Material einem Dampfstrom bietet. Er wird in m angegeben, berechnet wird er durch Multiplikation des Wasserdampfdiffusionswiderstandes (µ) mit der Dicke dieses Stoffes. Einige Dämmstoffe sind bereits aufgrund ihrer Materialeigenschaften dampfdicht. Beispielsweise besitzen Dämmplatten aus Schaumglas / Foamglas nur einen sehr niedrigen Sd-Wert – für Konstruktionen, die einen diffusionsoffenen Aufbau erfordern, können sie daher nicht verwendet werden.
Klassifikation nach DIN-Norm 4180-3
Die DIN-Norm 4108-3 klassifiziert beliebige Materialien anhand ihres Sd-Wertes als diffusionsoffen, dampfbremsend oder dampfsperrend. Echte Dampfsperren sind Stoffe mit einem Sd-Wert Tabelle 2: Sd-Grenzwerte für Bau- und Dämmstoffe
Sd -Wert (m) | Diffusionseigenschaften | ||||
---|---|---|---|---|---|
m | diffusionsoffenes Material | m > 0,5 und | dampfbremsendes Material | m >= 1.500 | Dampfsperre |
Trend zu moderaten Dampfbremsen und einer diffusionsoffenen Wärmedämmung
Der Trend geht heute zu moderaten Dampfbremsen mit einem vergleichsweise niedrigen Sd-Wert von 2 bis 5 m. Sie sind in der Lage, die Tauwasserbildung in der kalten Jahreszeit wirksam zu begrenzen, ermöglichen jedoch gleichzeitig die Rücktrocknung von eingedrungener Feuchtigkeit im Sommer. Bei vielen Dämmungslösungen kann durch einen durchgängig diffusionsoffenen Aufbau von Wandkonstruktion und Wärmedämmung auch komplett verzichtet werden. Hier liegen beispielsweise die Stärken von Kalziumsilikat als einem hochgradig diffusionsoffenen Dämmstoff, der sehr oft in der Altbausanierung inklusive der Innendämmung von Außenwänden Verwendung findet. Auch viele Naturdämmstoffe sind in hohem Maße diffusionsoffen und kapillaraktiv.
Einsatzbereiche und Verlegung von Dampfbremsfolien
Einige Dämmungsarten erfordern unabhängig von der Diffusionsoffenheit des Wandsystems die Integration von Dampfbremsfolien in die Konstruktion. Hierzu gehören beispielsweise Dachdämmungen (Steildachdämmung, Flachdachdämmung) sowie die Wärmedämmung von Holzhäusern und Holzständerkonstruktionen.
Grundregeln für die Verlegung
Wichtig für die fachgerechte Verlegung von Dampfbremsfolien sind zwei grundsätzliche Punkte:
- Dichtigkeit: Beim Verlegen der Folien dürfen keine undichten Stellen bleiben, auch Beschädigungen der Dampfbremse müssen sicher ausgeschlossen werden. Dampfbremsfolien werden überlappend und spannungsfrei verlegt. In der Regel werden sie durch Tackerung befestigt. Die Abdichtung an Überlappungs- sowie Anschlussstellen (beispielsweise Rohre, Dachsparren, Fensteröffnungen, Rolladenkästen) erfolgt mit Dichtklebern oder speziellem Klebeband.
- Zunehmende Diffusionsoffenheit nach außen: Die Diffusionsoffenheit einer wärmegedämmten Dach- oder Fassadenkonstruktion muss nach außen hin größer werden. Die Dampfbremsfolie wird innenraumseitig unter der Dämmschicht angebracht. Als Faustregel gilt, dass ihre Dampfdichtheit im Vergleich zum Aufbau der restlichen Konstruktion sechs Mal höher sein muss.
Materialien für Dampfbremsfolien
Sofern der Dämmstoff an sich dampfbremsend wirkt, ist – abgesehen von der Abdichtung von Anschlüssen sowie den Übergängen zum Mauerwerk – möglicherweise bereits eine hinreichende Dampfdichtheit erreicht. Daneben kommen verschiedene Materialien als Dampfbremsfolie in Frage:
- Bitumenabdichtungen
- Aluminiumfolie: Zum Teil in Kombination mit anderen Materialien
- Glasfaserdämmungen mit Alufolien-Kaschierung
- Kunststofffolien: In der Regel aus Polypropylen oder Polyethylen
- Feuchteadaptive Dampfbremsen (Klimamembrane)
Feuchteadaptive Dampfbremsen
Der Sd-Wert von feuchteadaptiven Dampfbremsfolien („intelligente Dampfbremsen“, Klimamembrane) verändert sich abhängig von der Feuchtigkeitsbelastung in der unmittelbaren Umgebung der Folie. Sie sind damit in der Lage, sich an unterschiedliche Feuchtigkeitsverhältnisse anzupassen und Feuchtigkeit aus der Dämmschicht wieder in die Innenräume abzutransportieren. Feuchteadaptive Dampfbremsen sind ebenfalls Kunststofffolien. Sie werden aus Polyamid gefertigt und sind als Schutz gegen Beschädigungen meist mit einem Vlies kaschiert.
Rücktrocknung und jahreszeitlich spezifische Wirkung
Unter anderem entfalten Klimamembrane eine jahreszeitlich spezifische Wirkung: Im Winter verhindern sie wie alle anderen Dampfbremsfolien das Eindringen von Wasserdampf in das gedämmte Dach oder eine wärmegedämmte Wand. Im Sommer werden die Folien dagegen dampfdurchlässig. Falls sich in der Wand oder in der Dämmschicht Feuchtigkeit gesammelt hat, wird sie sowohl nach außen als auch zur Innenseite abgeleitet. Mit dieser Eigenschaft bieten diese Dampfbremsfolien auch einen wirksamen Schutz gegen eine sommerliche Umkehrdiffusion. Die Steuerung der Diffusionseigenschaften der Folie erfolgt über den jeweils wirksamen Dampfdruck.
Einsatzbereiche von Klimamembranen
Klimamembrane eignen sich beispielsweise zur:
- Dachdämmung in Neubauten: Die verbauten Holzsparren eines neuen Dachstuhls erhalten noch Baufeuchte – bei Verwendung einer konventionellen Dampfbremsfolie könnte diese lediglich über die diffusionsoffene Unterdeckbahn zur Dachaußenseite entweichen. Eine feuchtigkeitsadaptive Dampfbremsfolie ermöglicht neben der permanenten Feuchtigkeitsregulierung eine nachhaltige Austrocknung des Daches.
- Altbausanierungen: Ein innenseitig hundertprozentig dampfdichter Aufbau der Wärmedämmung ist bei energetischen Sanierungen kaum realisierbar. Feuchteadaptive Dampfbremsfolien unterstützen einen nachhaltigen Sanierungserfolg und den langfristigen Erhalt der Bausubstanz.