In welchen Fällen ist die faktische Baugrenze wichtig?
Bei der Beurteilung, ob eine faktische Baugrenze die tatsächlich überbaubaren Grundstücksflächen überschreitet, ist eine städtebauliche Bestandsaufnahme durchzuführen. Ist in einer Bebauung eine grundstücksübergreifende Baulinie zu erkennen, so „überstimmt“ diese in der Regel die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze. Typische Beispiele sind:
- Geschlossene Straßenrandbebauung
- Einheitliche Vorgartentiefe mit Abweichung von der Abstandsfläche
Der Paragraf 34 Baugesetzbuch (BauGB) formuliert ein Einfügungsgebot. Damit wird die bauordnungsrechtliche „Überstimmung“ der Abstandsflächenvorschriften legitimiert.
Führt die faktische Baugrenze zur Ablehnung eines Bauantrags?
Will ein Bauherr sein Bauvorhaben außerhalb der faktischen Baulinie errichten, verstößt er gegen öffentliches Recht. Setzt die zuständige Bau- und Planungsbehörde eine faktische Baugrenze fest, muss diese eingehalten werden, sonst wird keine Baugenehmigung erteilt. Dies gilt auch für die hintere Baugrenze. So kann beispielsweise ein Rücksprung zur Gartenseite hin durchaus zur Ablehnung des Bauantrages führen. Die faktische Baugrenze kann mit der verbindlichen Baulinie verglichen werden.
Wer legt die faktische Baugrenze fest?
Die Bauamtsleitung der zuständigen Baubehörde legt die faktische Baugrenze fest, die sie aus den örtlichen Gegebenheiten ableitet. Diese Festsetzung wird baurechtlich als städtebaulich verfestigte Situation definiert. Im Genehmigungsverfahren wird auch die Art der baulichen Anlage, Haupt- oder Nebenanlage, beurteilt. Sind beispielsweise auf Nachbargrundstücken, insbesondere in rückwärtigen Bereichen nur Nebenanlagen errichtet sind, stellt deren Baulinie keine faktische Baugrenze für eine Hauptanlage dar. In diesen Fällen hat ein Antrag auf Änderung des Baufensters Aussicht auf Erfolg.
In welchem Gesetz ist die faktische Baugrenze geregelt
Der § 34 BauGb regelt die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile. Als städtebauliche Ziele nennt das Gesetz folgende Maximen:
- Gesunde Arbeitsverhältnisse
- Gesunde Wohnverhältnisse
- Unverfälschtes Ortsbild
- Gesichterte Erschließung
- Einfügungsgebot in die nähere Umgebung
- Würdigung nachbarlicher Interessen
- Würdigung der öffentlichen Interessen
Eine Überschreitung der Baugrenze durch Balkone ist sowohl bei einer faktischen Baugrenze als auch einer herkömmlichen Baugrenze nach Abstandsfläche unzulässig.