Warum lässt sich kaltes Glas nicht biegen?
In jedem Material besitzen die Atome eine andere Ordnung. Die Atomstruktur der Metalle bietet zum Beispiel genügend Bewegungsspielraum, um die kleinen Teilchen gegeneinander zu verschieben: Metall lässt sich biegen, ohne zu zerbrechen.
Glas kann man nicht auf dieselbe Weise formen: Es besitzt eine amorphe Struktur, gleich einer erstarrten Flüssigkeit. Die im Glas enthaltenen Atome sind nicht verschiebbar, bei zu viel Druck reißen die Strukturen plötzlich auseinander.
Durch Erhitzung lockern sich die starren atomaren Bindungen im Glas. Wird das Material heiß genug, lässt es sich irgendwann biegen, bei weiterer Erwärmung wird es allerdings zerfließen.
Wofür braucht man gebogenes Glas?
Gebogenes Glas ist vor allem ein interessantes Design-Element: Es setzt optische Akzente an Designermöbeln und lässt sich auch in der Fassadengestaltung nutzen. Weitere Einsatzmöglichkeiten für gebogenes Glas:
- Vordächer für Hauseingänge
- Geländer für gewendelte Treppen
- Duschkabinen
- Couchtische
- Isolierglas für Dachfenster und Türen
- Glaslampen, Uhren und Dekoobjekte
- Restaurationsglas für historische Gebäude
- gebogene Schiebetüren
Das Biegen von Glas war bisher ziemlich aufwändig und deshalb teuer, es lohnte sich nur für größere Serien. Doch inzwischen hat sich die Technik verbessert, neue Methoden machen gebogenes Glas günstiger – wenn auch noch längst nicht billig.
Ein Beispiel für eine moderne Glasbiegetechnik
Das Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik hat ein interessantes Glasbiegeverfahren entwickelt. Dabei liegt die zu beigende Glasscheibe auf einem Bett, das sich gleich einem flexiblen Nagelbrett verformen kann. Zunächst ist der Untergrund vollkommen eben.
Form und Glas werden gemeinsam in den Ofen verbracht. Dieser wird auf eine Temperatur geheizt, die knapp unter dem unteren Transformationspunkt liegt. Per gezieltem Heißluft- oder Laserstrahl werden die zu biegenden Bereiche erhitzt, per Knopfdruck verformt sich nun auch der Untergrund.
Auf diese Weise verformt sich das Material exakt wie gewünscht, es entstehen keine Druckstellen und nur sehr wenige optische Verzerrungen. Außerdem lässt sich jeder Verformungsprozess am Computer vorausberechnen.