Unterschiede der Stundensätze
Von Betrieb zu Betrieb, insbesondere bei verschiedenen Gewerken, sind in der Regel sehr unterschiedliche Stundensätze anzutreffen. Im bundesdeutschen Durchschnitt über alle Gewerke liegt der durchschnittliche Stundensatz zwischen 40 und 60 EUR. Einzelne Betriebe bzw. Gewerke insgesamt liegen jedoch oft deutlich unter oder über diesem Durchschnitt.
Die Gründe dafür sind vielfältig.
§§§Erforderliche Kenntnisse/Qualifikationen und hohe Eigenverantwortung
Handwerksberufe, in denen viel Wissen und Weiterbildung erforderlich ist (z.B. Sanitärinstallateure) oder in denen eine hohe Verantwortung für die korrekte Ausführung der Arbeit besteht (z.B. Elektriker), weisen im Durchschnitt höhere Stundensätze auf.
§§§Regionale Unterschiede
Deutschlandweit gibt es erhebliche, regionale Unterschiede, die häufig zwischen eher ländlichen und städtischen Gebieten sowie Ballungsräumen besonders ausgeprägt sind. Das massive Preisgefälle zwischen den alten und neuen Bundesländern ist dagegen inzwischen deutlich weniger ausgeprägt als früher.
§§§Umfang des Werkzeugeinsatzes
Gewerke, die viele und teure Werkzeuge benötigen, haben in der Regel deutlich höhere Stundensätze, da die Kosten für Maschinen und Werkzeuge die in den Stundensatz einkalkulierten Gemeinkosten in die Höhe treiben. „Maschinenarme“ Gewerke können oft mit deutlich geringeren Gemeinkosten und deshalb mit niedrigeren Stundensätzen kalkulieren.
§§§Raumbedarf
Je größer der Bedarf an Lager- oder Werkstattfläche ist, desto höher sind in der Regel die Gemeinkosten. Betriebe mit einem großen Lagerbedarf oder Gewerke, die vergleichsweise große Mengen und teure Materialien lagern müssen, wie z.B. Elektriker, verlangen aufgrund der höheren Gemeinkosten höhere Stundenlöhne.
§§§Tariflohn-Situation
Nicht alle Unternehmen zahlen nach Tarif, in vielen Branchen gelten jedoch hohe Tariflöhne. Das führt dazu, dass auch die Stundensätze in diesen Branchen höher sind als in Branchen, in denen üblicherweise niedrigere Löhne gezahlt werden. Die Ausprägungen der Flächentarifverträge unterscheiden sich zudem innerhalb der Branchen und beeinflussen den regional üblichen Stundenlohn entsprechend.
Für den individuellen Stundensatz eines Betriebes spielen darüber hinaus weitere Faktoren eine Rolle:
§§§Art der Arbeit
Ob es sich um Kundendienst- oder Montagearbeiten handelt, macht einen Unterschied für den in Rechnung gestellten Preis und für die Betriebskosten.
§§§Ausbildungsstand
Je nachdem, ob ein Lehrling, ein Gehilfe, ein Geselle oder ein Meister für die Arbeiten eingesetzt wird, unterscheiden sich die Stundenverrechnungssätze. In vielen Branchen, wie z.B. bei Elektrikern, sind viele Arbeiten den Meistern vorbehalten, sodass man automatisch den höchsten Stundensatz des Betriebs zahlt.
§§§Betriebliche Kalkulation
Die wirtschaftliche Situation kann von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich sein. Hier spielen nicht nur die Betriebsgröße und die Anzahl der Mitarbeiter eine Rolle, sondern auch die individuelle Maschinenausstattung, die Lage des Betriebsgebäudes und die Konkurrenzsituation in der Umgebung beeinflussen die Kalkulation erheblich.
Durchschnittliche Stundensätze für verschiedene Gewerke
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die durchschnittlichen Stundensätze verschiedener Gewerke.
Gewerk | durchschnittlicher Stundensatz |
---|---|
Maler | 40 – 70 EUR |
Schreiner | 30 – 60 EUR |
Maurer | 45 – 110 EUR |
Elektriker | 50 – 100 EUR |
GWH, Heizungsbauer | 40 – 70 EUR |
Dachdecker | 45 – 80 EUR |
Bodenleger | 45 – 70 EUR |
Fensterbauer | 45 – 70 EUR |
Fliesenleger | 45 – 70 EUR |
Maler/ Lackierer | 45 – 70 EUR |
Zimmerer | 50 – 120 EUR |
Glaser | 50 – 90 EUR |
Steinmetze | 50 – 90 EUR |
Die angegebenen Stundensätze stellen lediglich Durchschnittswerte für die einzelnen Gewerke dar, die von Betrieben durchaus über- oder unterschritten werden können. Die Art der auszuführenden Arbeiten und die Spezialisierung der Betriebe beeinflussen die Stundensätze ebenfalls erheblich.
Wie werden Stundensätze berechnet?
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass mit den geforderten Stundensätzen nur die Mitarbeiter bezahlt werden. Das ist jedoch schlichtweg falsch.
§§§Übliche Löhne im Handwerk
Der Mindestlohn des Elektrohandwerks lag im Jahr 2022 bei 12,90 Euro, für 2024 sind 13,95 Euro geplant. Der durchschnittliche Stundenlohn für einen Elektromonteur liegt in Deutschland bei rund 15 Euro, für einen Elektromeister bei etwas über 20 Euro.
Tarifliche Mindestlöhne werden jährlich angepasst. Auch Hochbaufacharbeiter (15,20 EUR) und Dachdecker (13,60 EUR) verdienen für ihre sehr anstrengende und teilweise sehr gefährliche Arbeit (Dachdecker) kaum mehr.
§§§Differenz zwischen Stundensatz und Lohn ist nicht der „Gewinn“
Die Differenz zwischen dem verlangten Handwerker-Stundensatz und dem Lohn des Handwerkers ist nicht der „Unternehmensgewinn“. Vielmehr müssen aus den kalkulierten Stundensätzen zahlreiche Kostenpositionen finanziert werden.
Im Wesentlichen sind das:
- 19% Mehrwertsteuer
- Stundenlohn des Mitarbeiters
- Lohn-Nebenkosten (tarifliche sowie gesetzliche Sozialabgaben)
- Gemeinkosten (durchschnittlich 20 – 35%)
- Unternehmergewinn (meist 2 – 3%)
Die Lohnkosten des Mitarbeiters machen in vielen Fällen lediglich 25% der Kosten aus. Die Gemeinkosten liegen häufig, insbesondere bei maschinenintensiven Gewerken oder Großbetrieben, über 35%.
Lohn-Nebenkosten
Zu den Lohn-Nebenkosten zählen tarifliche und gesetzliche Sozialabgaben:
§§§Tarifliche Sozialaufwendungen
Urlaubsgeld, Sonderzahlungen (13. Monatsgehalt, Weihnachtsgeld), tarifliche Ausfalltage, Aufwendungen für betriebliche Altersvorsorge und Vermögensbildung
§§§Gesetzliche Sozialaufwendungen
Sozialversicherungsbeiträge (AG-Anteil), Umlage-Beitrag Insolvenzgeld, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, Mutterschaftsgeld, gesetzliche Feiertage, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Darüber hinaus sind weitere Kosten zu berücksichtigen:
- Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung
- bezahlte Urlaubs- und Feiertage
- Schwerbehindertenabgabe
- nicht verrechenbare Zeiten
§§§Handwerke sind personalintensiv
Das Handwerk, das für Unternehmer große Herausforderungen hinsichtlich hoher Personal- und Lohn-Nebenkosten darstellt, ist besonders personalintensiv. Gleichzeitig muss für ausreichend Ersatzpersonal und eine möglichst gute Personaleinsatzplanung gesorgt werden.
§§§Hohe Auslastung erforderlich
Eine möglichst hohe Auslastung ist erforderlich, da bei nicht eingesetzten Mitarbeitern kein Kunde die Lohnkosten für den Handwerker „finanziert“, sondern der Unternehmer diese Kosten selbst tragen muss.
Gesetzliche Arbeitszeit vs. produktive Arbeitszeit
Die Anwesenheitszeit der Mitarbeiter stimmt nicht mit der produktiven Zeit überein. Zur produktiven Zeit zählen ausschließlich die Arbeitsstunden, in denen der Mitarbeiter mit einem (bezahlten) Kundenauftrag beschäftigt ist.
Nach Abzug der unproduktiven Stunden erhält man die tatsächliche Anzahl der produktiven Stunden. Die unproduktiven Stunden müssen kalkulatorisch entsprechend ausgeglichen werden. Andernfalls entstehen dem Unternehmen über einen längeren Zeitraum erhebliche Verluste.
Gemeinkosten
Zu den Gemeinkosten zählen alle Kosten, die ein Unternehmen decken muss, jedoch nicht direkt einfordern kann. Gemeinkosten werden auf die von den Mitarbeitern geleisteten Arbeitsstunden umgelegt. Der Anteil der Gemeinkosten in den kalkulierten Stundensätzen liegt in der Regel zwischen 20 und 35%, kann bei maschinenintensiven Gewerken und größeren Betrieben jedoch höher sein.
Zu den betrieblichen Gemeinkosten zählen:
- Kosten für das Betriebsgebäude, Heizung, Strom, Gas, Wasser
- Instandhaltung der Betriebsräume, Reparaturen, Reinigung
- betriebliche Versicherungen
- Gehälter und Nebenkosten für Mitarbeiter im Büro
- Gebühren, Beiträge
- Porto, Telefon, Werbung, EDV, Reisekosten
- Rechts- und Beratungskosten
- Maschinenanschaffung, -wartung und -instandhaltung
- Kfz-Kosten (Anschaffung, Versicherung, Reparatur, Wartung)
- Zinsen für Kredite
- Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter
Zu den zusätzlich anfallenden, kalkulatorischen Gemeinkosten zählen:
- Unternehmerlöhne
- Verzinsung des Eigenkapitals
- kalkulatorische Abschreibungen
- kalkulatorische Miete
- Unternehmerrisiko
Berechnungsbeispiel:
Zur Verdeutlichung ein sehr ausgeglichenes Berechnungsbeispiel mit den wichtigsten Kostenbestandteilen bei einem Stundensatz von 63 EUR.
Posten | Betrag |
---|---|
MwSt. | 11,97 EUR |
Gemeinkosten | 15 EUR |
Stundenlohn | 16 EUR |
Lohnnebenkosten | 10 EUR |
Abschreibungen | 8 EUR |
Unternehmergewinn | 2,03 EUR pro Stunde |
Es handelt sich hierbei lediglich um ein Beispiel einer bestimmten Branche eines einzelnen Betriebes. Gemeinkosten, Lohn-Nebenkosten und Abschreibungen können in der Kalkulation anderer Betriebe durchaus deutlich höher liegen.
Insbesondere bei Betrieben mit hohen Maschinenkosten oder hohem Werkzeugeinsatz sind die Gemeinkosten meist deutlich höher.
Beachtenswertes
Arbeitszeitunterbrechungen und zusätzliche Wege
§§§Zusatzfahrten
Konflikte entstehen immer dann, wenn der Handwerker zum Betrieb zurückfahren oder zusätzliches Material besorgen muss und die Kosten dafür als Arbeitszeit abgerechnet werden.
Grundsätzlich gilt dabei: Bei einem planbaren Materialbedarf dürfen dem Kunden diese Kosten, weder die Arbeitszeit noch die anfallenden Fahrtkosten in Rechnung gestellt werden. Anders verhält es sich bei Reparaturen, bei denen das Schadensbild erst festgestellt werden muss. In diesem Fall kann niemand erwarten, dass ein Handwerker alle möglichen Ersatzteile für jeden Gerätetyp im Fahrzeug mitführt. Die Berechnung der zusätzlichen Fahrt- und Arbeitszeitkosten ist dann angemessen.
§§§Arbeitsunterbrechungen
Längere Telefongespräche des Handwerkers, Arbeitspausen oder unnötig häufige Wege zum Fahrzeug erregen den Unmut des Kunden. Denn eigentlich sollten diese Zeiten zumindest vom Handwerker bei der Berechnung der Arbeitszeit berücksichtigt werden. Ein Rechtsanspruch besteht jedoch nicht und ist zudem schwer nachzuweisen.
§§§Fahrzeit = Arbeitszeit
Grundsätzlich ist es möglich, für Anfahrtskosten zu vereinbaren, dass lediglich Fahrzeugkosten in Rechnung gestellt werden, die benötigte Zeit jedoch als Arbeitszeit verrechnet wird. Da es sich bei der Fahrt nicht um eine aktive Arbeitsleistung handelt, sollte der angesetzte Stundensatz um 10 – 20% reduziert werden.
§§§Lade- und Rüstzeiten
Das Beladen des Fahrzeugs oder die Zeit, die erforderlich ist, um Maschinen für den Transport vorzubereiten, darf nur dann gesondert berechnet werden, wenn andere als die „üblichen Arbeitsutensilien“ geladen werden, d.h. nur dann, wenn besondere Gegenstände geladen oder transportiert werden müssen, die nicht üblicherweise benötigt werden.
Erkennbar niedrige Stundensätze
§§§Niedrige Stundensätze – ein Hinweis auf Lohndumping oder Schwarzarbeit
Unternehmer dürfen gesetzliche Mindestlöhne nicht unterschreiten, was dennoch leider immer wieder vorkommt. Es wird mit „schwarz“ beschäftigten Arbeitskräften nachgeholfen, oder Sozialleistungen werden nicht ordnungsgemäß erbracht, um Kunden einen niedrigeren Stundensatz als die Konkurrenz anbieten zu können.
§§§Lohndumping ist schlecht für Unternehmen und Kunden
Langfristig schadet es Unternehmen, ständig „auf Kante“ zu kalkulieren, kaum Rücklagen zu bilden und mit unzufriedenen, schlecht bezahlten Mitarbeitern auskommen zu müssen. Es schadet jedoch auch Kunden, die in einer solch kalkulatorisch angespannten Situation nicht die höchste Arbeitsqualität und im Schadensfall anstandslose Nachbesserungen auf Kosten des Betriebes erwarten können.
Es lohnt sich demnach auch für Kunden, genauer hinzuschauen und nicht automatisch das billigste Angebot anzunehmen. Bei Mitarbeitern, die nicht leistungsgerecht entlohnt werden, ist oft die Motivation und die Qualität der Arbeit geringer, was am Ende zu Ausführungsmängeln führen kann. Versucht man dann, Gewährleistungsansprüche durchzusetzen, ist der Handwerker eventuell bereits insolvent und man geht leer aus. Dieser Fall ist leider alles andere als selten.
Kalkulierter Preis vs. durchsetzbarer Marktpreis
Häufig gibt es einen „maximal durchsetzbaren Marktpreis“, an den sich Unternehmen halten müssen. Das gilt nicht nur bei öffentlichen Ausschreibungen, sondern durchaus auch bei Aufträgen von Privatpersonen, insbesondere in harten Konkurrenzsituationen.
Für einen Betrieb sind Einsparungen oft nur bei den Gemeinkosten und durch Änderungen der Personalverfügbarkeit möglich, um den geforderten Höchstpreis halten zu können. Auf diese Weise generieren Unternehmen jedoch schnell Probleme, z.B. wenn zu wenig Geld für Fahrzeuginstandhaltungen zurückgelegt oder an der Gebäudeinstandhaltung gespart wird, mit langfristig zweifellos negativen und teuren Folgen.
Am Unternehmergewinn kann ohnehin kaum gespart werden, denn dafür ist er in den meisten Fällen zu gering.
Große vs. kleine Unternehmen
Höhere Gemeinkosten vs. höhere Materialpreise
Große Betriebe haben oft höhere Gemeinkosten, sehr kleine Betriebe kaufen dafür oft deutlich teurere Materialien ein.
Sollen kleinere Arbeiten mit einem geringeren Materialeinsatz ausgeführt werden, sind tendenziell kleine Betriebe zu bevorzugen, da die geringeren Gemeinkosten häufig zu niedrigeren Stundensätzen führen.
Stundensätze allein sind nicht aussagekräftig
Bei der Beauftragung eines Unternehmens sollte man nicht ausschließlich auf die Stundensätze schauen, sondern eine Gesamtbewertung vornehmen.
- Stundensatz: Gilt er für die gesamten Arbeiten oder kommen weitere Kosten hinzu?
- Stundenzahl: Holen Sie einen verbindlichen Kostenvoranschlag ein oder fordern Sie ein Angebot an.
- Nebenkosten
- Wie hoch sind die Materialkosten für die benötigten Materialien? (Materialkosten ggf. mit anderen Firmen vergleichen und dabei auf gleiche Materialqualität achten.)
Vergleichen Sie die Gesamtkosten verschiedener, vollständiger Angebote und fragen Sie sich bei günstigsten oder deutlich billigeren Angeboten, ob die veranschlagten Kosten realistisch und nachvollziehbar sind. Stundensätze allein sagen wenig aus, das Gesamtbild muss stimmen.