1. Übersicht über die gebräuchlichsten Dachformen
Manchmal schreibt der kommunale Bebauungsplan genau vor, welche Dachform Sie für Ihren Neubau wählen müssen. In den letzten Jahrzehnten sind die Freiheiten vielerorts größer geworden und die Suche nach der optimalen Dachform plagt manchen Bauherren: Flachdach oder Satteldach? Toskana-Villa oder asymmetrisches Pultdach? Wir wollen ein wenig Licht ins Dunkel bringen und Ihnen Aufbau, Vor- und Nachteile der jeweiligen Dachformen vorstellen.
Das Satteldach
Das Satteldach ist in Mitteleuropa die beliebteste Dachform. Die klassische Dreieckskonstruktion des Dachstuhls ist unkompliziert und preisgünstig. Satteldächer weisen regional ganz unterschiedliche Dachneigungen auf. Der (vorgeschriebene) Neigungswinkel hängt meist mit der Regen- oder Schneewahrscheinlichkeit der Region zusammen. Obwohl beim Sattel- oder Giebeldach die nutzbare Wohnfläche kleiner als bei anderen Dachformen ist, hat die traditionelle Dachvariante Charme und bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Mit großen Dachfenstern und Gauben bringen Sie Licht unter die Dachschräge. Satteldächer sind je nach Ausrichtung für Photovoltaikanlagen ideal geeignet.
Unterschiedliche Formen des Satteldachs
Je nach Dachneigung, Hausgröße oder Dachflächengestaltung muss der Dachstuhl des Satteldachs anders konstruiert werden. Stark geneigte Satteldächer werden meist als Sparrendach konstruiert. Flachere Satteldachvarianten, die in schneereichen Regionen verbreitet sind, werden mit zusätzlichen Kehlbalken oder einem Pfettendachstuhl konstruiert. Obwohl Satteldächer meist symmetrisch gebaut werden, sind auch asymmetrische Varianten möglich. Je nach Dachneigung bezeichnet man traditionelle Satteldächer als
- Winkeldächer
- altdeutsche oder gotische Dächer
- altfränkische oder altfranzösische Dächer.
Das Zwerchdach
Das Zwerchdach ist eine Sonderform des Satteldachs, bei dem es zwei (oder sogar mehrere) Dachfirste gibt. Unterhalb des Hauptdachfirstes wird quer dazu ein kleinerer Dachfirst, der sogenannte Zwerchfirst errichtet. Auf diese Weise entstehen im Dachgeschoss weitere Giebel, die durch Standardfenster (oder Balkone) mehr Platz und Helligkeit unter das Dach bringen als klassische Gauben.
Das Walmdach
Als Walmdach wird ein Dach mit vier geneigten Dachflächen bezeichnet. Anders als beim Satteldach bestehen beim Walmdach auch die jeweiligen Giebelseiten aus geneigten Dachflächen, die man als Walm bezeichnet. Diese witterungsbeständige Dachform, die im Alpenraum und in Gegenden mit rauem Klima besonders häufig ist, reduziert die Angriffsfläche des Windes auf die Dachkonstruktion. Die typischen Reetdachhäuser in Norddeutschland und in Skandinavien erhalten daher traditionell ein Walmdach. Vier schräge Dachflächen schränken die nutzbare Wohnfläche zwar ein, bieten aber viel Platz für die Installation einer Photovoltaikanlage.
Krüppelwalmdach
Das Krüppelwalmdach ist ein cleverer Kompromiss, der die Vorteile von Sattel- und Walmdach in sich vereint. Durch die verkürzte Walm an den Giebelseiten vergrößert sich die Wohnfläche im Dachgeschoss. Die kürzere Dachschräge an den Giebelseiten erlaubt den aufrechten Stand und große Standardfenster oder Dachbalkone. Trotzdem ist das Krüppelwalmdach vergleichsweise robust und widerstandsfähig gegen Sturm und Schneefall.
Doppelwalmdach
Bei einem Doppelwalmdach werden zwei Walmdächer miteinander verbunden. Diese Variante des klassischen Walmdachs findet sich bei winkelförmigen Bungalows oder Häusern mit Anbauten.
Das Zeltdach
Unter einem Zeltdach versteht man eine Dachvariante des Walmdachs, bei der mindestens drei der gegeneinander geneigten Dachflächen sich in einem Firstpunkt treffen. Quadratische Zeltdächer bezeichnet man auch als Pyramidendächer. In unseren Breiten kennen wir Zeltdächer vor allem von mittelalterlichen Gebäuden und Türmen. Besonders flache Zeltdachkonstruktionen zaubern mediterranes Flair in unsere Wohngebiete. Die immer beliebter werdenden Toskana-Häuser werden häufig mit einem Zeltdach mit geringer Dachneigung konstruiert.
Das Pultdach
Das puristische Pultdach erinnert in seiner Konstruktion an ein klassisches Schul- oder Rednerpult. Die Dachform, bei der First und Traufe nur durch eine mehr oder weniger stark geneigte Dachfläche verbunden sind, wird besonders häufig für Anbauten, Garagen oder Hallen verwendet. Moderne Pultdachhäuser mit ihrer klaren Linie prägen auch hierzulande immer häufiger das Ortsbild. Auch wenn sie optisch nicht jeden Geschmack treffen, überzeugen sie durch ihre unkomplizierte und preisgünstige Konstruktion und großzügige, hellen Dachräume mit großer Nutzfläche. Je nach Ausrichtung und Dachneigung bieten Pultdächer ausreichend Fläche für Solarmodule.
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Das Flachdach
Nachdem das Flachdach der Bungalows aus den 1970er-Jahren einige Zeit für Privathäuser Tabu war und allenfalls bei Bürogebäuden und Wohnblöcken genutzt wurde, erlebt es derzeit auch beim Eigenheim ein Revival. Für ökologisches Bauen auf kleiner Fläche bieten Flachdächer mit einem Neigungswinkel unter 10 Grad beste Bedingungen. Die flexible Nutzung durch Dachterrassen, Begrünung oder Solarenergie und die Möglichkeit, das Gebäude später aufzustocken, machen den Reiz der minimalistischen Dachvariante aus. Allerdings sind Flachdächer wartungsintensiver und empfindlicher als geneigte Dachformen.
tipps: Im Trend – begrünte Dächer
Zur Förderung der Artenvielfalt bieten manche Kommunen im innerstädtischen Bereich Fördermitteln von bis zu 10 – 20 Euro pro Quadratmeter begrünter Fläche als Zuschuss an. Flach- oder gering geneigte Pultdächer eignen sich besonders gut zur Begrünung der Dachfläche, während steilere Schrägdächer hierfür kaum in Frage kommen.
Das Schrägdach
Als Schägdach (im Gegensatz zum Flachdach) werden alle bereits oben beschriebenen Dachvarianten mit mehr oder weniger starkem Neigungswinkel bezeichnet. Sattel-, Pult- oder Walmdächer sind daher immer auch Schräg- bzw. Steildächer. Eine bisher nicht näher definierte Sonderform von Schrägdächern ist das
Schleppdach
Dabei wird ein eventuell anders geneigtes Dach an die Traufseite des Hauptdachs angeschlossen. Das Schleppdach wird häufig bei später errichteten Anbauten verwendet. Garagen, offene Unterstände und Carports können mit einem Schleppdach überdacht werden.
2. Die wichtigsten Dachformen im Vergleich
Zeltdach vs. Walmdach
Streng genommen ist ein Zeltdach eine Unterform des Walmdachs. Der Unterschied besteht darin, dass sich die Dachflächen beim Zelt- oder Pyramidendach in einem Firstpunkt treffen. Die Dachform eignet sich daher nur bei quadratischen Grundrissen. Weil moderne Zeltdächer heute mit geringer Neigung in mediterraner Optik konstruiert werden, eignen Sie sich für raues Klima weniger gut. Steile Walmdächer oder Krüppelwalmdächer mit langgezogenem First sind dagegen ideal in schnee- und sturmgeplagten Regionen.
Satteldach vs. Walmdach
Während beim Satteldach zwei Giebelflächen Raum für Balkone oder große Standardfenster bieten, weisen beim Walmdach alle Dachflächen Schrägen auf. Daher ist die nutzbare Wohn- und Stellfläche im Dachgeschoss beim Walmdach geringer als beim Satteldach. Beide Dachformen eignen sich für regen- und schneereiche Klimazonen. Walmdächer sind gegen Sturmschäden besser gewappnet, allerdings in der Konstruktion aufwändiger und teurer als das preiswerte Satteldach. Das Krüppelwalmdach ist ein intelligenter Kompromiss, der die Vorteile beider Dacharten verbindet.
Satteldach vs. Pultdach
Beim Satteldach liegt der First in der Hausmitte, beim Pultdach bildet die höhere Hausseite zugleich den Dachfirst. Pultdächer sind durch den geringeren Materialaufwand meist preisgünstiger als vergleichbare Satteldächer. Der loftartige Dachraum unter dem Pultdach besticht durch Fensterflächen an drei Seiten. Die reduzierte Optik des Pultdachs gefällt nicht jedem Bauherrn. Wer die Vorteile des Pultdachs mit der klassischeren Ästhetik eines Satteldachs verbinden möchte, könnte im versetzten Pultdach eine ideale Dachvariante entdecken.
Satteldach vs. Flachdach
Das Herz manches Bauherrn schlägt für das traditionelle, geneigte Satteldach. Wenn Sie sich für die moderne Optik eines Flachdachs begeistern, sollten Sie prüfen ob die klimatischen Bedingungen Ihrer Region dafür optimal sind. Das Flachdach besticht zwar durch (innen)architektonische Vorteile, ist aber bei ungünstigen Wetterbedingungen empfindlich und wartungsanfällig. Ein helles Dachgeschoss und eine große, vielleicht begrünte Dachterrasse auf dem Flachdach sollte gegen eventuelle Nachteile der Dachform abgewogen werden. Regelmäßige Schneelast und häufiger Starkregen könnten eher für das Satteldach sprechen.
Satteldach | Walmdach | Pultdach | Flachdach |
---|---|---|---|
Traditionell, vielseitig und witterungsbeständig | Klassisch, robust und sturmsicher | Modern, hell und preiswert | Puristisch, hell und flexibel für Aufstockung |
2 Dachschrägen | 4 Dachschrägen | 1 Dachschräge | Keine Dachschräge |
Geringere nutzbare Wohnfläche | Geringere nutzbare Wohnfläche | Nutzbare Wohnfläche entspricht je nach Dachneigung fast dem Grundriss | Nutzbare Wohnfläche entspricht dem Grundriss |
Gauben, Dachflächenfenster oder Giebelfenster möglich | Gauben oder Dachflächenfenster möglich | Standardfenster an drei Hausseiten möglich | Standardfenster an allen vier Hausseiten möglich |
3. Dachformen für bestimmte Anforderungen
Natürlich spielt neben persönlichen Vorlieben, dem örtlichen Bebauungsplan und den klimatischen Voraussetzungen immer auch der Charakter des Hauses für die Dachform eine Rolle. Wer einen minimalistischen Bauhaus-Bungalow plant, wird automatisch zum Pult- oder Flachdach tendieren. Zur repräsentativen Stadtvilla passen trutzige Walmdächer hervorragend. Wer die mediterrane Optik seiner Toskana-Villa unterstreichen möchte, findet im leicht geneigten Zeltdach die passende Dachform. Nordische Friesenhäuser mit Reeteindeckung wirken erst mit Walm- oder Krüppelwalmdach authentisch.
Moderne Dachformen
Flach- und Pultdächer wirken automatisch modern und puristisch. Trotzdem können auch klassische Dachformen durch individuelle Verfremdung Modernität und Extravaganz ausstrahlen. Versetzte Pultdächer mit unterschiedlichen Wohnebenen oder klassische Satteldächer mit lichtdurchfluteter Galeriefront und offenem Dachstuhl passen auch zu extravaganten Interieurs. Ein rundes Dach oder Tonnendach ist eine alte Dachform, die sehr unkonventionell wirken kann. in der Praxis nutzt man diese Dachform heute hauptsächlich bei Gartenhäusern oder Carports.
Preisgünstige Dachformen
Generell lässt sich nicht sagen, welche Dachform die Günstigste ist. Es kommt immer auf das gewählte Material für die Eindeckung, auf die erforderliche Dämmung und auf die individuellen Arbeitskosten in Ihrer Region an. Trotzdem ist der Materialaufwand bei Flach- und Pultdächern geringer, was bei ähnlichen Materialwerten zu einem geringerem Preis bei dieser Dachvariante führen könnte. Weil bei Dächern mit geringer Neigung die erforderlichen Pfetten-Konstruktionen Mehrkosten generieren, kann im Einzelfall sogar ein Satteldach mit einfachem Sparrendachstuhl die wirtschaftlichste Dachvariante sein.
Häufig gestellte Fragen
Ist es möglich, ein Dach mit verschiedenen Neigungen zu konstruieren?
Prinzipiell sind beim Satteldach durchaus unterschiedliche Neigungen an beiden Firstseiten möglich. Auch beim versetzten Pultdach muss nicht jede Seite die gleiche Neigung aufweisen. In jedem Fall ist es wichtig, dass Sie bei individuellen Sonderformen die Statik des Dachs durch einen erfahrenen Tragwerksplaner berechnen lassen.
Beim Schleppdach wird ein kleineres Dach mit ggf. anderem Neigungswinkel an das Hauptdach angeschlossen.
Welche Neigung sollte ich für mein Dach wählen?
Generell lässt sich sagen, dass unter flacheren Dächern mehr Wohnfläche zur Verfügung steht. Besonders große Menschen fühlen sich meist unter weniger stark geneigten Dächern wohler. Trotzdem sollten Sie die klimatischen Bedingungen Ihrer Region bei der Wahl der Dachneigung unbedingt einbeziehen. Je regenreicher der Wohnort, desto steiler sollte das Dach sein. In schneereichen Alpenregionen empfiehlt sich eine Dachneigung von 25 bis 35 Grad.
Welche Dachform und Dachneigung eignet sich am besten für eine Photovoltaikanlage?
Je größer die vorhandene (fensterlose) Dachfläche, desto besser eignet sich das Dach für Photovoltaik. Ein nach Süden geneigtes Pultdach mit einer Neigung von 30 bis 35 Grad bietet theoretisch jede Menge Platz für Solarmodule. Trotzdem wird diese Dachform häufig aus Gründen der Wohnqualität nach Norden ausgerichtet und daher nicht für Photovoltaik genutzt. Entsprechend geneigte und ausgerichtete Sattel- und Walmdächer können sich also ebenso gut für Solarenergie eignen.