Entstehung hygroskopischer Feuchtigkeit
Hygroskopie – zu griechisch hygrós =feucht und skopein=anschauen – bedeutet so viel wie ‚Wasserbindung‘. In der Physik und Chemie bezeichnet der Begriff die Fähigkeit von Stoffen, Wasser zu binden.
Der Ausdruck ‚Hygroskopische Feuchtigkeit‘ kommt aus der Bausprache und beschreibt ein ganz besonderes Phänomen von Hauswänden, bei dem Wasserbindung in mehrfacher Hinsicht eine Rolle spielt. Wie man sich denken kann, ist dieses Phänomen kein gutes – denn Feuchtigkeit in Wänden erzeugt bekanntlich immer Probleme mit Schimmel.
Bei der Hygroskopischen Feuchtigkeit ist es sogar noch mehr als das. Hierbei kann neben Schimmel auch noch die Mauersubstanz regelrecht aufplatzen und sich Farbanstriche lösen. Denn das Phänomen ist ein Prozess, der sich in mehreren Stufen vollzieht und dabei jeweils weitere Schäden nach sich zieht. Der Prozess sieht folgendermaßen aus:
- Feuchtigkeit zieht kapillar aus dem Untergrund und dem angrenzenden Erdreich ins Mauerwerk ein
- Mit der Feuchtigkeit werden auch Salze aus der Erdfeuchte und Mauermörtel eingetragen
- An Innenwänden verdunstet die Feuchtigkeit
- Salze kristallisieren dabei aus
- Salzkristalle ziehen erneut Feuchtigkeit aus der Raumluft an
Die zentrale Rolle bei dem Phänomen spielen neben der Feuchtigkeit also Salze. Salze sind zum einen natürlicherweise in der Feuchtigkeit des Erdreichs vorhanden. Aber auch Salze aus Streusalz und Dünger können über Sickerwasser und kapillar aufsteigende Feuchtigkeit ins Mauerwerk einziehen. Im Mauerwerk befindliche Baustoffe, vor allem Mörtel, enthalten wiederum selbst Salze, die beim kapillaren Weitertransport der Feuchtigkeit gelöst werden.
Die ins Mauerwerk eingezogene Feuchtigkeit gelangt irgendwann an die Innenseiten der Wände, wo sie in der warmen Raumluft verdunstet. Das gelöste Salz bleibt als Rückstand in auskristallisierter Form zurück. Sichtbar werden sie dann also als die typischen Salzausblühungen, die sich wie flache, gelblich-weiße Korallenriffe über die Wände ziehen.
Problematik
Wenn Feuchtigkeit ins Mauerwerk einzieht, ist das generell schon mal schlecht. Es fehlt dann offensichtlich an einer wirksamen Bodenplattenabdichtung und einer Horizontal- und Vertikalsperre. Die einziehende Feuchtigkeit sorgt zum einen für Schimmel, der sowohl für die Bausubstanz, als auch für die Bewohnergesundheit schädlich ist.
Die Salze wiederum sorgen durch ihre Auskristallisierung an den Innenwänden, bei der sie sich ausdehnen, für einen explosiven Druck, der Putz und Farbanstriche abplatzen lässt. Außerdem ziehen die Salzkristalle, die wie alle kristallinen Salze hygroskopisch sind, erneut Feuchtigkeit aus der Raumluft an – die Wand kann also nie abtrocknen und das Feuchtigkeitsproblem erschafft sich immer wieder selbst neu.
Gegenmaßnahmen
Da es sich bei Hygroskopischer Feuchtigkeit um ein Dauerproblem handelt, das eine mangelhafte oder fehlende Abdichtung zur Ursache hat, muss auch an dieser Ursache angeknüpft werden. Hier helfen nur nachträgliche Abdichtungsmaßnahmen.
Bei Bestandsbauten kann die Bodenplatte zum Beispiel über Bohrungen eine Dichtungsmasse unterspritzt bekommen. Die Horizontalsperre kann auf unterschiedliche Weise mit oder ohne mechanische Mauerwerksöffnung in Form von Kunstsofffolien, Blechen oder Dichtungsharzen eingebracht werden. Die Vertikalsperre wird üblicherweise von außen mit Bitumenbahnen angebracht, was auch bei nachträglicher Installation unproblematisch ist.