Herstellung von Kalksandstein
Die Herstellung von Kalksandstein erfolgt in mehreren aufeinander abgestimmten Schritten, um die charakteristischen Festigkeitseigenschaften des Baustoffs zu erreichen.
- Rohstoffgewinnung und Vorbereitung: Zunächst werden Quarzsand und Branntkalk (Calciumoxid) im Verhältnis von etwa 12:1 gewonnen und vorbereitet.
- Mischen der Rohstoffe: Die Hauptbestandteile werden gründlich vermengt und Wasser wird zugegeben, wodurch der Branntkalk zu Kalkhydrat (Calciumhydroxid) umgewandelt wird.
- Formgebung: Die feuchte Mischung wird in hydraulischen Pressen unter hohem Druck zu Steinrohlingen geformt.
- Aushärtung im Autoklaven: Die Rohlinge werden in Autoklaven, spezielle Dampfdruckkessel, gegeben. Bei einem Sattdampfdruck von etwa 16 bar und Temperaturen um 200 °C erfolgt die hydrothermale Reaktion. Dieser Prozess dauert zwischen 4 und 8 Stunden.
- Chemische Reaktion und Festigkeitsbildung: Bei der Erhitzung reagieren die Kieselsäuren des Quarzsands mit dem Kalkhydrat. Es bilden sich komplexe Kalksilikathydrate (CSH-Phasen), wie der Tobermorit, die die endgültige Struktur und Festigkeit der Steine bestimmen.
Durch den Einsatz von Dampfdruck in Autoklaven wird der Energieverbrauch im Vergleich zu traditionellen Brennverfahren um etwa 30% reduziert, was die Herstellung von Kalksandsteinen kosteneffizienter und umweltfreundlicher macht. Nach dem Abkühlen sind die Kalksandsteine sofort einsatzbereit, ohne Schadstoffe zu erzeugen.
Formate und Bezeichnungen von Kalksandsteinen
Bei der Auswahl von Kalksandsteinen stehen verschiedene Formate und Abmessungen zur Verfügung, die den unterschiedlichen Anforderungen im Bauwesen gerecht werden. Hersteller bieten eine breite Palette an Formaten an, die von kleinformatigen Regelsteinen bis hin zu großformatigen Elementen reichen.
Verfügbare Formate und Maße
Regelsteine sind standardisiert für den Mauerwerksbau konzipiert. Blocksteine, als größere Einheiten, werden häufig in hochbelasteten Mauerwerken verwendet und können die Bauzeit verkürzen. Elementsteine bieten zusätzliche Flexibilität bei der Wandgestaltung.
Maßangaben und Kurzzeichen
Die Formate werden meist in Vielfachen des sogenannten Dünnformates (DF) angegeben. Beispiele gängiger Formate:
- Normalformat (NF): 24 cm x 11,5 cm x 7,1 cm
- 2 DF: 24 cm x 11,5 cm x 11,3 cm
- 6 DF: 36,5 cm x 24,8 cm x 11,3 cm
- 16 DF: 48 cm x 24 cm x 23,8 cm
Kalksandsteine werden in verschiedenen Ausführungen angeboten, darunter Vollsteine und Lochsteine, je nach gewünschten Eigenschaften wie Tragfähigkeit oder Dämmwirkung. Kimmsteine werden zur Wärmedämmung in den Randbereichen von Mauerwerk eingesetzt. Sondersteine wie U-Schalen oder großformatige Planelemente bieten spezielle Lösungen für verschiedene Bauvorhaben.
Bezeichnung und Verarbeitung
Die Bezeichnung der Kalksandsteine richtet sich nach den Vorgaben der DIN 20000-402 und setzt sich aus mehreren Parametern zusammen, darunter Steinsorte, Steinart, Druckfestigkeitsklasse, Rohdichteklasse und das Format-Kurzzeichen.
Für die Verarbeitung stehen Normalmörtel für Fugen von 12 mm und Dünnbettmörtel für Fugen von 1 bis 3 mm zur Verfügung. Diese Vielfalt ermöglicht eine präzise und effiziente Verarbeitung der Kalksandsteine.
Eigenschaften und Vorteile von Kalksandstein
Kalksandstein bietet eine beeindruckende Kombination von Eigenschaften, die ihn zu einem bevorzugten Baustoff in der Architektur machen. Er zeichnet sich durch hohe Rohdichte und Festigkeit aus, was ihm eine außergewöhnliche Tragfähigkeit verleiht. Wände aus Kalksandstein können somit schon ab einer Dicke von nur 11,5 cm tragend ausgeführt werden, was zusätzlichen Wohnraum schafft.
Dank seiner hohen Masse und speziellen Struktur bietet Kalksandstein hervorragenden Schallschutz, was zu einer ruhigen und komfortablen Wohnumgebung führt. Seine hohe Wärmespeicherfähigkeit ermöglicht es, Wärme aufzunehmen und zeitverzögert wieder abzugeben, was zu einem ausgeglichenen Raumklima beiträgt und Heizkosten senkt.
Als nicht brennbarer Baustoff (Baustoffklasse A1) beeinflusst Kalksandstein auch den Brandschutz positiv. Bereits ab einer Dicke von 17,5 cm und einer Rohdichte ≥ 1,8 kann er als Brandwand ausgeführt werden.
Kalksandstein besteht aus natürlichen Rohstoffen wie Kalk und Sand und wird in einem energieeffizienten Herstellungsprozess ohne schädliche Emissionen produziert. Seine Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Produktion verschaffen ihm eine positive Ökobilanz.
Kalksandstein reguliert zudem Feuchtigkeit und trägt so zur Stabilisierung des Raumklimas bei.
Zusammengefasst bietet Kalksandstein:
- Hohe Tragfähigkeit
- Überlegener Schallschutz
- Wärmespeicherfähigkeit
- Brandschutz
- Nachhaltigkeit
- Feuchtigkeitsregulierung
Diese Eigenschaften machen Kalksandstein zu einem leistungsstarken und umweltbewussten Baustoff.
Anwendungsbereiche von Kalksandstein
Kalksandstein ist vielseitig einsetzbar und eignet sich sowohl für tragende als auch für nicht tragende Mauerwerke. Besonders geeignet ist er für den Bau von Außen- und Innenwänden, inklusive Kellerwänden. Der Baustoff wird für Sichtmauerwerk, Vormauersteine und Verblender verwendet, die durch ihre Frostbeständigkeit und ihr geringes Feuchtigkeitsaufnahmevermögen überzeugen.
Einsatzmöglichkeiten im Hausbau
Kalksandstein eignet sich hervorragend für die Errichtung von Wohngebäuden, Garagen und Lagerräumen sowie Kellerräumen. Die hohe Druckfestigkeit und geringe Feuchtigkeitsaufnahme machen ihn ideal für den Kellerbau.
Landwirtschaftliche Bauten
In der Landwirtschaft findet Kalksandstein Anwendung in Stallungen und Unterständen dank seiner robusten Beschaffenheit und Widerstandsfähigkeit gegen Frost und Feuchtigkeit.
Sichtmauerwerk und gestalterische Elemente
Kalksandstein ermöglicht ästhetische Gestaltungen im Innen- und Außenbereich. Verschiedene Oberflächenstrukturen – glatt, bossiert oder bruchrau – bieten vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten.
Umbau und Modernisierung
Aufgrund seiner hohen Rohdichte und Festigkeit wird Kalksandstein auch bei der baulichen Ertüchtigung oder Aufstockung bestehender Gebäude verwendet.
Kalksandstein bietet flexible, wirtschaftliche und umweltfreundliche Lösungen für verschiedene Bauvorhaben.
Wärmedämmung und Kalksandstein
Kalksandstein weist eine hohe Rohdichte auf, die hervorragende Schall- und Brandschutzeigenschaften bietet. Aufgrund seiner hohen Wärmeleitfähigkeit benötigt er jedoch eine zusätzliche Wärmedämmschicht, um die energetischen Anforderungen moderner Gebäude zu erfüllen.
Dämmmethoden
- Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS): Eine Dämmschicht wird direkt auf das Kalksandsteinmauerwerk aufgebracht und anschließend verputzt, wodurch Wärmebrücken reduziert werden.
- Hinterlüftete Fassaden: Eine Dämmschicht wird mit einer Luftschicht kombiniert, die durch eine Fassadenverkleidung geschützt wird. Diese Methode bietet zusätzlichen Schutz vor Witterungseinflüssen.
Durch solche Dämmsysteme können die positiven Eigenschaften von Kalksandstein optimal genutzt werden, während Wärmeverluste minimiert werden.
Verarbeitung von Kalksandstein
Bei der Verarbeitung von Kalksandstein sollten Sie einige wesentliche Schritte und Vorsichtsmaßnahmen berücksichtigen, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
- Vornässen bei hohen Temperaturen: Bei trockenem und heißem Wetter sollten Sie die Kalksandsteine vornässen, um eine stabile Mauer zu gewährleisten.
- Schutz vor Witterungseinflüssen: Frisch gemauertes Kalksandsteinmauerwerk sollte vor Durchfeuchtung und Frost geschützt werden.
- Griffhilfen und Nut-Feder-System: Diese Systeme erleichtern die Handhabung und sorgen für eine passgenaue und gleichmäßige Vermauerung.
- Verwendung von Mörtelschlitten und Versetzgeräten: Diese Geräte erleichtern die Arbeit vor Ort und reduzieren körperliche Anstrengungen.
- Zuschnitt und Passgenauigkeit: Steine können werkseitig auf die benötigten Maße zugeschnitten oder vor Ort mittels Nass-Sägen angepasst werden.
- Behebung von Frostschäden: Schäden durch Frosteinwirkung sollten vollständig behoben werden, bevor Sie weitermauern.
- Sorgfältiger Umgang mit Imprägnierungen: Kalksandstein-Verblender können werkseitig vorimprägniert sein. Planen Sie eine zusätzliche Imprägnierung, führen Sie diese erst nach Abschluss der Maurerarbeiten durch.
- Vermeidung von säurehaltigen Reinigungsmitteln: Verwenden Sie nur für Kalksandstein geeignete Reinigungsmittel ohne Säureanteile.
Die sorgfältige Einhaltung dieser Schritte und Hinweise gewährleistet, dass Ihr Kalksandsteinmauerwerk von hoher Qualität ist und seine positiven Eigenschaften zur Geltung kommen.
Oberflächenstrukturen von Kalksandstein-Verblendern
Kalksandstein-Verblender bieten vielfältige Oberflächenstrukturen für sowohl moderne als auch traditionelle Bauprojekte. Zu den gängigsten Strukturen zählen glatte, bruchraue und bossierte Oberflächen.
- Glatte Oberfläche: Diese Variante zeichnet sich durch ihre gleichmäßige und feine Textur aus und eignet sich für klare, minimalistische Designs.
- Bruchraue Oberfläche: Diese Struktur erzeugt ein rustikales und naturverbundenes Erscheinungsbild und kann mit eingearbeitetem Edelsplitt für optische Akzente sorgen.
- Bossierte Oberfläche: Bei dieser Ausführung weist der Verblender eine gewölbte und unregelmäßige Oberfläche auf, die der Fassade durch Schattenspiele eine besondere Tiefe verleiht.
Zusätzlich können Sie durch die Wahl der Verfugung und der Fugenfarbe den ästhetischen Ausdruck der Fassade individualisieren. Kalksandstein-Verblender sind frostbeständig und tragen zur Wärmespeicherung bei, was sie für vielfältige Einsatzbereiche im Innen- und Außenbereich geeignet macht.
Der Fall „Xella“
Über einen Zeitraum von etwa acht Jahren produzierte und vertrieb die Firma Xella, ehemals Haniel Bau-Industrie, minderwertige Kalksandsteine. Diese enthielten als Bindemittel Rückstände aus der Rauchgasentschwefelung von Kraftwerken anstelle des notwendigen Branntkalks.
Durch den erhöhten Schwefelgehalt dieser Rückstände wurde die Steinqualität beeinträchtigt, wodurch die Steine anfällig für Feuchtigkeitsschäden wurden. Bei Kontakt mit Feuchtigkeit verlieren diese Steine sukzessive ihre Tragfähigkeit, was die Statik der betroffenen Gebäude gefährden kann.
Bis 2006 sollen diese minderwertigen Steine in etwa 45.000 Häusern verbaut worden sein, vorwiegend am Niederrhein, im westlichen Ruhrgebiet und im Münsterland. Insgesamt wurden bis zu 430 beschädigte Häuser gemeldet, wobei Schätzungen davon ausgehen, dass viel mehr Gebäude betroffen sein könnten. Xella hat in vielen Fällen Sanierungen durchgeführt oder Schadensersatz geleistet, häufig jedoch Betroffene zum Schweigen verpflichtet.
Zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen liefen und laufen noch immer, vorwiegend wegen der Wertminderung der betroffenen Immobilien. Der Fall zeigt eindrücklich die Bedeutung der Einhaltung von Qualitätsstandards in der Baustoffproduktion, um langfristige Schäden und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.