Haus- und Wohnungstüren sind in der Regel gut abgesichert, also konzentrieren sich die Täter auf Fenster, Balkon- und Terrassentüren. Diese sind meist wesentlich leichter und schneller zu öffnen. Der entscheidende Faktor für den Einbrecher ist die Zeit. Im Schnitt dauert der Einbruch inklusive Diebstahl zwischen sieben und neun Minuten. Das ist zwar kaum vorstellbar, aber die Täter sind überwiegend Berufsverbrecher. Sie wissen ganz genau wie sie vorgehen, wo und wie sie suchen müssen, um Beute zu zu machen.
Je mehr länger er braucht, desto höher ist die Gefahr überrascht und entdeckt zu werden. Der Verbrecher versucht daher die zur Verfügung stehende Zeit so effektiv zu nutzen, wie nur irgend möglich. Allerdings erkennt der Profi auch sofort, ob sich das Vorhaben überhaupt lohnt. Hoch gesicherte Türen und Fenster zu überwinden kostet Zeit, die er nicht hat. 45 % aller Einbruchsversuche blieben 2017 erfolglos.
Bei 80 % aller gemeldeten Delikte wurden Fenster, Balkon- und Terrassentüren aufgehebelt. Übliche und noch vielfach verwendete flache Rollzapfen zählen zu den Standardbeschlägen und haben dem nicht viel entgegenzusetzen. Besonders betroffen sind:
- Kellerfenster
- Erdgeschossfenster
- Terrassentür
- Fenster in der ersten Etage
- Balkontür in der ersten Etage
Alle Stockwerke darüber sollten selbstverständlich auch nicht vernachlässigt werden. Noch nicht strafmündige Kinder werden von Diebesbanden häufig für die oberen Etagen eingesetzt. Unter Zwang förmlich zum stehlen abgerichtet. Wer sich weigert, bekommt Prügel. Die Kinder sind leicht, gelenkig und können gut klettern. Es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob ein 90 kg schwerer Mann am Fallrohr hochklettert und sich an der Regenrinne entlanghangelt, oder ein Kind. Für wen ist es wohl einfacher?
Balkon- und Terrassentüren sind für den Täter besonders interessant, in beiden Fällen hat er ausreichend Platz, um seiner „Beschäftigung“ nachzugehen. Er muss das Werkzeug nicht ständig „am Mann“ tragen. Der Einbrecher kann es bequem und sortiert ablegen, das Werkzeug ist in Sekunden griffbereit. Nach dem Beutezug sammelt er es wieder auf und ist verschwunden.
Was ist eine Pilzkopfverriegelung?
Ein einbruchshemmender Fenster- oder Türenbeschlag (Balkon- oder Terrassentüren). Dieser ist mit pilzförmigen Zapfen bestückt. Mit den passenden Schließteilen ist nach der Montage ein optimaler Aushebelschutz vorhanden. Der pilzförmige Zapfen am Fenster- oder Türflügel hakt sich in das auf der Rahmenseite montierte Schließteil ein und kann nicht mehr aufgehebelt werden.
Mit einem Zapfen alleine ist dieser Effekt natürlich nicht zu erzielen, mindestens vier Zapfen müssen umlaufend angebracht sein. Dann ist es unmöglich, ein Fenster oder eine Tür aus- oder aufzuhebeln.
Funktionsweise und Wirkung sehen Sie hier:
Vorteile einer Pilzkopfverriegelung
Pilzkopfzapfen sind grundsätzlich deutlich sicherer als Rollzapfen. Sie haben eine runde, pilzförmige Oberfläche, die keine Angriffsfläche für Hebelwerkezeuge aller Art bietet.
Entscheidend ist die Widerstandsklasse. Diese ist abhängig von der Anzahl der eingesetzten Pilzkopfverriegelungen. Diese werden auch Pilzkopfzapfenverrieglung oder Pilzzapfenverriegelung genannt. Die Bezeichnung ist regional unterschiedlich, meint aber immer das gleiche.
Gesetzliche Vorgaben gibt es dazu nicht, jeder muss selber entscheiden, wie viele er für sinnvoll hält und verwenden möchte.
Einteilung der Widerstandsklassen für die private Verwendung:
Widerstandsklasse | Verwendung |
---|---|
RC 1 N | Es erfolgt keine besondere physikalische Prüfung (vier Rollzapfen). |
RC 2 N | Fenster oder Türen müssen Einbruchsversuchen mit leichten Werkzeugen mindestens drei Minuten standhalten (vier bis sechs Pilzkopfzapfen). |
RC 2 | Fenster oder Türen müssen Einbruchsversuchen mit leichten Werkzeugen mindestens drei Minuten standhalten, zusätzlich muss aber Sicherheitsglas verbaut sein (sechs bis acht Pilzkopfzapfen). |
RC 3 | Fenster oder Türen müssen Einbruchsversuchen mit entweder zwei großen, stabilen Schraubendrehern oder aber einem Stemmeisen, Brechstange, etc. bis zu fünf Minuten standhalten (acht bis zehn Pilzkopfzapfen). |
Es gibt noch höhere Widerstandsklassen, auf diese wird aber an dieser Stelle nicht weiter eingegangen. Übliche Häuser und Wohnungen benötigen diesen Einbruchschutz nicht, außerdem sind die Kosten enorm hoch. Für den gewerblichen Bereich macht es natürlich Sinn. Beispielsweise Juweliere oder Autohäuser haben höhere Anforderungen an Sicherheitssysteme als Privatleute.
Welche Anzahl ist notwendig?
Wie viele Pilzkopfverriegelungen letztlich eingebaut werden, hängt von den Anforderungen an die Sicherheit und der Beschaffenheit der auszurüstenden Fenster oder Türen (Balkon, Terrasse) ab. Diese werden auch in Widerstandsklassen eingeteilt und es existiert eine entsprechende DIN EN ISO (Deutsches Institut für Normung, Europäische Norm, International Organization for Standardization). Die DIN EN ISO ist weltweit anerkannt.Neben den einzelnen Widerstandsklassen ist auch entscheidend, an welchen Positionen des Gebäudes sich die zu schützenden Fenster und Türen befinden:
- Kellerfenster: RC 3
- Erdgeschossfenster, Terrassentür, Balkontür: RC 2 bis RC 3
- Fenster in der ersten Etage, Dachfenster: RC 2 N bis RC 2:
Aus dem vorgenannten lässt sich zwar immer noch nicht eindeutig ableiten, wie viele Pilzkopfverriegelungen nötig sind, um Ihr Hab und Gut zu schützen, aber grundsätzlich gilt: Je mehr, desto besser.
Entscheidungshilfe
Die Polizei ist immer und vor allem hier ein wirklicher Freund und Helfer. Informationsmaterial über Einbruchschutz erhalten Sie bei Ihrer nächstgelegenen Polizeidienststelle.
Wenden Sie sich zusätzlich an die Beratungsstelle der Polizei „Diebstahl und Einbruch“.
Die Beamten dort verfügen über die nötigen Erfahrungen und Kenntnisse, um Sie umfassend beraten zu können. Sind Sie immer noch unsicher, besteht auch die Möglichkeit, dass ein Beamter Sie persönlich aufsucht. Er kann die Räumlichkeiten besichtigen, das notwendige Sicherheitsprofil erstellen und alle Fragen beantworten.
Bestehen noch irgendwelche Zweifel, beauftragen Sie einen neutralen und unabhängigen Fachberater. Wäre er nämlich für einen Hersteller oder Anbieter von Sicherheitssystemen tätig, würde er Ihnen unter Garantie das teuerste verkaufen, was überhaupt auf dem Markt erhältlich ist.
Ob es dann auch sinnvoll ist, bleibt dahingestellt. Was nützt einem ein vollelektronisches Sicherheitssystem, über eine App auf dem Smartphone steuerbar, mit zig Codes und Einstellungen, wenn die Internetverbindung streikt oder der Strom ausfällt? Dann kommt niemand mehr hinein oder hinaus. Sie auch nicht.
Neu kaufen oder selber umrüsten?
Moderne Fenster, Balkon- und Terrassentüren werden in der Regel mit fertig montierten Pilzkopfverriegelungen verkauft und eingebaut. Aber für ein ganzes Haus alles neu zu kaufen, ist mit hohen Kosten verbunden.
Preiswerter ist es natürlich, die vorhandenen Rollzapfen selber gegen Pilzkopfverriegelungen auszutauschen.
Voraussetzungen für eine Umrüstung
- Gegebene Möglichkeiten
- Abmessungen der Fenster und Türen
- Material der Fenster und Türen
Grundsätzlich ist davon auszugehen, je älter Fenster und Türen sind, desto weniger Möglichkeiten zur Umrüstung sind gegeben. Zumindest sollten herkömmliche Rollzapfen vorhanden sein, die bereits umlaufend im Flügel befestigt sind. Informieren Sie sich vorher ausführlich, für welche Fenster und Türen nachrüstbare Pilzkopfverriegelungen überhaupt erhältlich sind.
Ein solcher Umrüstsatz beinhaltet:
- Pilzkopfverriegelungen
- Fensterschere
- Scherenlager
- Sicherungsbleche (als Anbohrschutz)
- Schablone (zur exakten Montage)
- Datenblatt ( Positionierung der Getriebeverlängerungen)
- Montageanleitung
Wenn Sie Geld sparen wollen und billige Montagesets kaufen, erhalten Sie in der Regel nur die Pilzkopfverriegelungen, vielleicht noch eine Schablone und die Montageanleitung, sonst nichts. Außerdem ist das Material von schlechter Qualität.
Preis für einen hochwertigen Umrüstsatz: ca. 150,00 bis 250,00 Euro, je nach Anzahl der Pilzkopfverriegelungen
Pilzkopfverriegelung selber montieren
Zunächst einmal brauchen Sie den passenden Umrüstsatz. Dann entsprechende Schutzausrüstung:
- Schutzbrille
- Sicherheitshandschuhe
- Sicherheitsschuhe
Benötigtes Werkzeug:
- Eisensäge oder Winkelschleifer (Flex) mit Trennscheibe
- Hammer
- Inbusschlüssel
- Kombizange
- Metall- oder Holzbohrer
- Schraubendreher oder Akkuschrauber
- Spitzzange
- Stemmeisen
- Wasserwaage
Die folgenden Arbeitsschritte sind unbedingt in der richtigen Reihenfolge auszuführen und einzuhalten. Fenster oder Türen sind sehr schwer und verzeihen keine Fehler. Glasbruch ist schon schlimm genug, von Knochenbrüchen, Augenverletzungen oder sonstigen gesundheitlichen Schäden ganz zu schweigen.
Schritt 1:
Nehmen Sie Fenster oder Türen heraus. Erst die Sicherung aus dem oberen Lager entfernen, Tür oder Fenster öffnen. Am besten zu zweit, damit einem Fenster oder Tür nicht „entgegenkommt“. Dann die Sicherung aus dem unteren Lager entfernen, jetzt können Fenster oder Tür vorsichtig entfernt und auf stabile, gepolsterte Montageböcke gelegt werden. Gerade der Rahmen kann bei diesem Vorgang leicht Kratzer bekommen. Die Position des Griffes bleibt auf „offen“.
Schritt 2:
Alle Schrauben der umlaufenden Getriebeverlängerung müssen nun mit Schraubendreher oder Akkuschrauber entfernt werden.
Ist eine Fensterschere verbaut, wird diese ebenfalls abmontiert. Die alte Getriebeverlängerung und die Eckumlenkungen sind nun einfach abzunehmen.
Schritt 3:
Jetzt wird das Datenblatt gebraucht. Aus diesem geht hervor, wie alle einzelnen Bauteile anzuordnen sind. Entsprechend der Skizze legen Sie alle Teile in der richtigen Reihenfolge auf die Oberseite des Flügels.
In der Nut werden die Eckumlenkungen eingesetzt und verschraubt. Die Getriebeverlängerungen sind über die Koppelschuhe mit den Eckumlenkungen zu verbinden. Eventuell sind diese noch auf die richtige Länge zu kürzen. Wenn das eigentliche Scherengetriebe auch ersetzt wird, muss natürlich auch das Scherenlager (im hochwertigen Umrüstsatz enthalten) ausgetauscht werden.
Schritt 4:
Nach dem einsetzen der Verlängerungen kann es sein, dass die Euronut für den neuen Einsatz des Getriebekastens (griffseitig einschieben) zu schmal ist. Das Blech, welches als Anbohrschutz dient, muss schließlich auch noch Platz in der Nut finden. Diese wird vorsichtig mit dem Stemmeisen auf das passende Maß verbreitert. Richtig gemacht, ist davon hinterher nichts mehr zu sehen.
Schritt 5:
Der Griff steht immer noch auf Position „offen“. Bewegen Sie ihn vorsichtig, aber mit Kraft nach oben und unten. Das ist ungewohnt schwer und sie werden ein leichtes Knacken hören. Keine Sorge, das ist ganz normal und muss so sein. Das Getriebe springt nämlich in die Arretierung und die alte Verstellsicherung wird abgeschert. Daher das Knacken. Wenn Sie nun den Griff wieder in beide Richtungen bewegen, ist alles leichtgängig und leise, wie gewohnt. Jetzt wird nur noch die neue Verstellsicherung eingesetzt.
Schritt 6:
Fenster oder Türen können nun wieder eingesetzt werden. Erst in das untere Lager, dann in das obere. Sicherungsstifte nicht vergessen! Alle umlaufenden Schließbleche am Rahmen werden nun abgeschraubt.
Schritt 7:
Möglicherweise passen die alten Befestigungen nicht mehr. Jetzt kommt die Schablone zum Zuge. Sie sieht aus wie ein Verschlussblech und wird entsprechend der Montageanleitung auf jeden Zapfen der Pilzkopfverriegelung gesteckt. Fenster oder Tür werden nun geschlossen. An der Außenseite des Rahmens ist nun eine Markierung zu sehen, die zum anzeichnen dient.
Danach werden entsprechende Löcher gebohrt und die neuen Befestigungen können montiert werden. Alle umlaufenden Schließbleche am Rahmen werden nun wieder angeschraubt. Fertig!
Aber Bilder sagen mehr als tausend Worte, hier ein passendes Video:
Eventuell muss die Pilzkopfverriegelung noch richtig eingestellt werden, um leichtgängig zu sein. Dazu stellen Sie den Anpressdruck ein. Das liest sich schwieriger, als es ist. Die Zapfen müssen lediglich verdreht werden. Je nach Hersteller und System kann dies einfach per Hand erledigt werden, oder es ist ein Inbusschlüssel zu verwenden.
- Zapfen nach links drehen: Anpressdruck erhöht sich
- Zapfen nach rechts drehen: Anpressdruck verringert sich
Die Gesamtkosten hängen ab von:
- Umrüstung in Eigenleistung
- Umrüstung durch Fachbetrieb (ca. 50,00 – 80,00 Euro pro Stunde plus Material)
- Hochwertige Markenware oder Billigprodukte
- Sicherheitsanforderungen
- Anzahl der Fenster, Balkon- und Terrassentüren
- Material von Fenster und Rahmen