Kostenbeispiel: Sessel neu beziehen
Beispielsituation:
- Ohrensessel (älteres Erbstück)
- kostengünstiger Bezugsstoff in guter Qualität
- mittlerer Arbeitsaufwand
Posten | Preis |
---|---|
Transport | 95 EUR |
Materialkosten | 220 EUR |
Arbeitskosten | 520 EUR |
Gesamtkosten | 835 EUR |
Weiter unten im Artikel finden Sie zudem zwei weitere Preisbeispiele, mit einer teureren und einer günstigeren Beispielsituation. Damit erhalten Sie ein Gefühl für die Bandbreite des möglichen Kostenspektrums.
Kostenfaktoren
- Kosten für Bezugsstoffe
- Kosten für Zusatzmaterialien
- Arbeitskosten
- Zusätzliche Arbeiten
Kosten für Bezugsstoffe
Die Kosten hängen wesentlich von der Qualität des verwendeten Bezugsstoffs und der benötigten Stoffmenge ab.
Die Abriebfestigkeit (Scheuertouren) spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für den Preis eines Bezugsmaterials, dazu kommen weitere Qualitätsmerkmale, die ebenfalls einen Einfluss auf den Preis des Bezugsstoffs haben. Häufig wird aber nur die sogenannte Nutzungsklasse angegeben.
Für hochwertiges Möbelleder gelten grundsätzlich andere Preise als für textile Bezugsstoffe.
Qualität des Bezugsstoffs
Preiswerte Bezugsstoffe. Kostengünstige Bezugsstoffe sind bereits ab 20 – 30 EUR pro lfm erhältlich. Qualität und Haltbarkeit entsprechen dabei allerdings nicht immer dem, was man erwartet.
Qualitativ gute Bezugsstoffe. Für Bezugsstoff guter Qualität sollte aber mindestens von Kosten von 50 – 70 EUR pro lfm ausgegangen werden.
Hochwertige Bezugsstoffe und Bezugsstoffe mit besonderen Eigenschaften. Hochwertige Stoffe, Stoffe mit speziellen Eigenschaften (pflegeleicht, hohe Lichtechtigkeit, besondere Strapazierfähigkeit) können deutlich teurer sein und weit über 100 EUR pro lfm kosten. Das gilt ganz besonders für Bezugsstoffe für antike Möbelstücke in originalgetreuen Designs.
Stoffmenge
Welche Stoffmenge benötigt wird, lässt sich nur vom erfahrenen Polsterer anhand des gewünschten Bezugsstoffs (Muster) zuverlässig abschätzen, als Laie ist eine zutreffende Abschätzung praktisch unmöglich.
Scheuertouren als Qualitätsmerkmal
Ein verlässliches Maß für die Widerstandsfähigkeit von Bezugsstoffen sind die Scheuertouren nach Martindale.
Bezugsstoffe für geringe Belastungen. Bei 6.000 – 10.000 Scheuertouren sind Stoffe nur für leichte Belastungen geeignet und als Bezugsstoffe für Sitzmöbel nur bedingt einsetzbar.
Bezugsstoffe mit guter Alltags-Haltbarkeit. Für den üblichen Alltagsgebrauch sollte ein Bezugsstoff mindestens 10.000 – 20.000 Scheuertouren aufweisen.
Bezugsstoffe für den gewerblichen Bereich oder für kommunale Einrichtungen. 20.000 – 30.000 Scheuertouren sind bereits ausreichend für eine übliche Nutzung in gewerblichen Bereichen, ab 40.000 Scheuertouren hält der Stoff im gewerblichen Einsatz auch intensiver täglicher Nutzung sehr gut (und sehr lange) stand.
In kommunalen Bereichen (Polizeiwachen, Rettungsleitstellen) werden häufig Bezugsstoffe mit noch viel höheren Scheuertouren-Werten eingesetzt (200.000 – 500.000).
Weitere Qualitätsmerkmale
Neben der Abriebfestigkeit (Scheuertouren) sind bei einem Bezugsstoff noch weitere Qualitätsmerkmale ausschlaggebend für den Preis. Das sind insbesondere der Pilling-Wert, die Lichtechtheit und die Reibechtheit des Bezugsstoffs.
Pilling-Wert. Der Pilling-Wert gibt das Ausmaß der Pillbildung (Bildung von kleineren oder größeren Knötchen auf dem Bezugsstoff) an. Möglich sind Klassen von 1 – 5, ideal ist für den Alltagsgebrauch ein Pillingwert zwischen 3 und 4 (durschnittlich oder leicht), je nach Art der beabsichtigten Nutzung kann auch ein Bezugsstoff mit Klasse 5 (praktisch keine Pillbildung bei der festgelegten Anzahl von Reibezyklen).
Lichtechtheit. Die Lichtechtheit des Bezugsstoffes gibt an, in welchem Umfang ein Bezugsstoff im Lauf der Zeit ausbleicht. Ein Ausbleichen im Lauf der Zeit kann bei keinem Bezugsstoff verhindert werden, der Umfang des Ausbleichens ist bei verschiedenen Stoffen aber sehr unterschiedlich. Aus diesem Grund wurde eine standardisierte Klasseneinteilung geschaffen, die einen Vergleich der Lichtechheit bei einzelnen Stoffen ermöglicht.
Die Klasseneinteilung umfasst 8 Klassen von Klasse 1 – 8 (die sogenannten „Echtheitszahlen“). Für Möbel-Bezugsstoffe ist mindestens Klasse 4 oder 5 empfehlenswert, bei Markisen und Sonnenschirme sollte eine Echtheitszahl von 6 oder 7 gegeben sein, einen Wert von 8 erreicht praktisch kaum ein Stoff.
Reibechtheit. Die Reibechtheit oder Farb-Widerstandsfähigkeit gibt bei Bezugsstoffen an, wie stark ein Bezugsstoff auf andere Stoffe abreibt oder abfärbt („anblutet“). Um einzelne Stoffe in ihrer Reibechtheit miteinander vergleichen zu können, gibt es auch hier eine standardisierte Klasseneinteilung von Klasse 1 – 5. Auch die Reibechtheitsklasse wird gelegentlich als „Echtheitszahl“ bezeichnet, in diesem Fall muss geklärt werden, ob sich die Angabe auf die Lichtechtheit oder die Reibechtheit bezieht. Reibechtheitszahlen können auch für Kunstleder angegeben werden.
Um ein Abfärben oder Anbluten des Stoffs möglichst sicher auszuschließen, sollten Bezugsstoffe mit einer Reibechtheitsklasse ab 3 („ziemlich gut“) gewählt werden, die Klassen 4 und 5 bezeichnen eine „gute“ und „sehr gute“ Reibechtheit des Bezugsstoffs.
Nutzungsklassen
Sind keine einzelnen Werte für Scheuertouren, Pilling, Licht- und Reibechtheit angegeben, kann man sich auch nach der Nutzungsklasse des Bezugsstoffs richten:
- Klasse G = geringe Belastbarkeit
- Klasse N = für alltägliche Belastung (tägliche Nutzung der Sitzmöbel in üblichem Umfang) geeignet
- Klasse S = hohe Belastung (z. B. Bürostühle)
Möbelleder (Ledersessel)
Für Möbelleder gelten grundsätzlich ganz andere Preise als für textile Bezugsstoffe.
Möbelleder wird auch nicht nach Laufmeter, sondern nach sogenannten „Häuten“ (ca. 5 m²) abgerechnet.
Mittlere Qualität. Für Möbelleder mittlerer Qualität muss von Kosten zwischen 50 und 100 EUR pro m² ausgegangen werden.
Hohe Qualität. Hochwertige Möbelleder-Varianten sind deutlich teurer und liegen preislich meist deutlich über 100 EUR pro m². Sie sind damit meist auch um einiges teurer als fast alle Stoffbezüge.
Kosten für Zusatzmaterialien
Gegebenenfalls werden Kleinmaterialien wie Polsternägel oder Nieten zusätzlich benötigt. Dafür fallen in den meisten Fällen aber nur geringe Kosten zwischen 30 und 50 EUR an. Bei aufwendigen Gestaltungen können diese Kosten auch höher liegen.
Arbeitskosten
Üblicher Aufwand. Das Neubeziehen mittelgroßer Sessel nimmt im Durchschnitt 6 – 10 Stunden in Anspruch. Bei den üblichen Stundensätzen von 50 – 80 EUR pro Arbeitsstunde ergibt das Arbeitskosten zwischen 300 und 800 EUR. Welche Stundensätze für einzelnen Gewerke im Handwerk gelten und wie Unternehmen ihre Stundensätze kalkulieren, erfahren Sie ausführlich in unserem Spezialbeitrag Handwerker-Stundensätze.
Hoher Aufwand. Bei kompliziert ausgeführten Sesseln (Ziernähte, Nieten), antiken Stücken oder bei gleichzeitiger Neupolsterung kann der Arbeitsaufwand im Einzelfall auch sehr viel höher liegen.
Für den Arbeitsaufwand im Einzelfall spielt dabei auch immer eine Rolle, ob ein Sessel zerlegt werden kann, oder im Ganzen bezogen werden muss (höherer Aufwand). Auch das gleichzeitige Neubeziehen von zusätzlich vorhandenen Sesselkissen erhöht gegebenenfalls den Arbeitsaufwand.
Welcher Arbeitsaufwand für das Neubeziehen bei einem Möbelstück erforderlich ist, kann eine Polsterei nur nach direkter Besichtigung (gegebenenfalls aussagekräftige Fotos) beurteilen. Nur dann sind belastbare und zuverlässige Kostenschätzungen und ein konkreter Kostenvoranschlag möglich.
Zusätzliche Arbeiten
Gegebenenfalls müssen noch zusätzliche Arbeiten durchgeführt werden, die die Kosten weiter erhöhen können:
- Abholung und Lieferung
- Neupolstern
- Beheben von weiteren Schäden
Abholung und Lieferung
Der Transport von Möbelstücken ist in vielen Fällen mühsam und aufwendig. Viele Polstereien bieten deshalb an, Sitzmöbel abzuholen und nach Abschluss der Arbeiten zurückzuliefern.
Die dafür entstehenden Tranportkosten werden meist nach Zeitaufwand (Arbeitsstunden) und Transportentfernung berechnet. Mit zusätzlichen Kosten im Bereich von 100 – 200 EUR wird dafür in vielen Fällen zu rechnen sein.
Neupolstern
Besonders bei einem älteren Möbelstück finden sich meist nicht nur Schäden am Stoffbezug, sondern auch an der ursprünglich verbauten Polsterung.
Zusätzlicher Arbeitsaufwand. Wenn gleichzeitig zur Erneuerung des Bezugsstoffs die Polsterung aufgearbeitet wird, erhöht sich der Arbeitsaufwand in den meisten Fällen.
Zusätzliche Materialkosten. Daneben fallen zusätzliche Kosten für Polstermaterialen (Rosshaar, Sprungfedern, Schaumstoff) an. Besonders beim Aufarbeiten hochwertiger Polsterungen mit Sprungfedern oder Roßhaar sind die zusätzlichen Materialkosten häufig beträchtlich.
Beheben von weiteren Schäden
Bei Bedarf reparieren Polstereien auch fachgerecht Schäden an der Struktur von Möbelstücken (Beine, Unterkonstruktion, diverse Schreinerarbeiten). Die Kosten für solche Reparaturen richten sich nach dem Zusatzaufwand an Material und Arbeitszeit, der anfällt.
Kostenbeispiel aufwändige Ausführung
Beispielsituation:
- antiker Polstersessel
- gleichzeitige Reparatur der Polsterung (hochwertig)
- hoher Transportaufwand: geschützter Transport, größere Transportentfernung
Posten | Preis |
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Transport | 150 EUR |
Materialkosten | 450 EUR |
Arbeitskosten | 960 EUR |
Gesamtkosten | 1.560 EUR |
Kostenbeispiel einfache Ausführung
Beispielsituation:
- einfacher Neubezug
- kostengünstiger Bezugsstoff guter Qualität
- geringer Arbeitsaufwand
Posten | Preis |
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Materialkosten | 150 EUR |
Arbeitskosten | 360 EUR |
Gesamtkosten | 510 EUR |
Der Polsterer und Polstermöbel-Spezialist Schliephorst macht auf seiner Webseite auf einen weiteren Vorteil beim Neubeziehen aufmerksam: „Die Maße für Sitzhöhe oder Sitztiefe können individuell an Ihre Wünsche angepasst werden, wenn Sie Ihre Polstermöbel neu beziehen lassen.“ [Schliephorst Polstermöbel]
Kosten sparen
Kosten lassen sich durch folgende Maßnahmen sparen:
- Wirtschaftlichkeit berücksichtigen
- Polsterung mit erneuern lassen
- Bei Ledersesseln Aufarbeitung in Betracht ziehen
- Förderungen / Steuerabsetzungen
Wirtschaftlichkeit berücksichtigen
Die Gesamtkosten eines Neubezugs oder von Polsterarbeiten durch professionelle Polstereien liegen in den meisten Fällen sehr hoch. Grund dafür ist der hohe Aufwand an Arbeitsstunden des Polsterers für die Arbeiten.
Materiellen oder idellen Wert berücksichtigen. Damit sich die hohen Kosten des Neubezugs rechnet, muss auch ein entsprechender materieller Wert des Möbelstücks (z. B. antiker Ohrensessel) oder ideeller Wert von Möbelstücken (z. B. geschätztes Erbstück aus dem Familienbesitz) gegeben sein.
Gebrauchsmöbel besser neu kaufen. Bei vielen kostengünstigen Möbelstücken aus dem Möbelhaus würden die Kosten für Bezugsstoffe und Polsterarbeit bereits die Kosten für den Neukauf eines vergleichbaren Sitzmöbels erreichen oder überschreiten.
Polsterung mit erneuern lassen
Bei älteren und viel genutzten Möbeln ist es mit einer Erneuerung des Bezugsstoffes meist nicht getan. Alte Sessel sind häufig auch durchgesessen, ein Aufarbeiten und Erneuern der Polsterung ist in diesen Fällen fast immer sinnvoll.
Damit werden nicht nur die abgewetzten Armlehnen behoben, sondern auch der Sitzkomfort deutlich verbessert, wenn das Sitzmöbel neu gepolstert wird. Auf diese Weise steigt auch der Gebrauchswert des Sitzmöbels.
Bei Ledersesseln Aufarbeitung in Betracht ziehen
Hochwertige Ledersessel können gegebenenfalls bei vorhandenen Abnutzungsspuren auf spezielle Weise aufgearbeitet oder nachgefärbt werden. Das kann gegebenenfalls kostengünstiger sein als ein kompletter Neubezug.
Mehr zu den Kosten für das Aufarbeiten und Färben können Sie in den Beiträgen Ledersofa aufarbeiten: Kosten und Ledersofa färben: Kosten nachlesen.
Förderungen oder Absetzen bei der Steuer sind möglich:
Die Handwerkerkosten sind steuerlich absetzbar, darüber informiert unser Beitrag Handwerkerkosten absetzen.
FAQ
Was kostet das Neubeziehen eines Sessels?
In unserem Beispiel kostet der Neubezug 835 EUR. Auf den tatsächlichen Preis wirken allerdings zahlreiche Faktoren ein.
Welche Faktoren beeinflussen den Preis?
Die wichtigsten Faktoren sind die Art und Qualität von verwendeten Bezugsstoffen und der individuell gegebene Arbeitsaufwand des Polsterers für den Neubezug. Weitere Faktoren finden Sie hier.
Welche Möglichkeiten gibt es, Kosten zu sparen?
Kosten lassen sich sparen, indem man im Vorfeld die Wirtschaftlichkeit eines Neubezugs überlegt (meist lohnt sich das Neubeziehen nur bei wertvollen Sesseln und Erbstücken mit hohem ideellen Wert). Bei Ledersesseln kann man gegebenenfalls ein Aufarbeiten oder Färben in Betracht ziehen. Weitere Möglichkeiten zum Kosten sparen finden Sie hier.