Stahlsorten und ihre Klassifizierung
Stahlsorten lassen sich anhand verschiedener Kriterien unterteilen, die jeweils bestimmte Eigenschaften und Anwendungsbereiche abdecken. Eine grundlegende Kategorie ist die chemische Zusammensetzung, die Stähle in unlegierte und legierte Stähle differenziert.
Unlegierte Stähle
Unlegierte Stähle, auch Kohlenstoffstähle genannt, enthalten vorwiegend Eisen und Kohlenstoff. Der Kohlenstoffgehalt variiert zwischen 0,2 % und 0,65 % und beeinflusst maßgeblich die Härte und Duktilität des Stahls. Weitere Elemente sind nur in sehr geringen Mengen enthalten. Die Klassifizierung erfolgt hier nach dem Kohlenstoffgehalt:
- Kohlenstoffarmer Stahl: Enthält bis zu 0,3 % Kohlenstoff und zeichnet sich durch hohe Duktilität aus, was ihn ideal für Formgebungsprozesse macht.
- Mittelkohlenstoffstahl: Hat einen Kohlenstoffgehalt zwischen 0,3 % und 0,6 %, bietet einen Kompromiss zwischen Festigkeit und Verformbarkeit und wird häufig für Autoteile genutzt.
- Kohlenstoffreicher Stahl: Enthält zwischen 0,6 % und 0,9 % Kohlenstoff, ist sehr hart und spröde, und wird vorwiegend für Federn und harte Schneidwerkzeuge verwendet.
Legierte Stähle
Legierte Stähle enthalten zusätzlich zu Eisen und Kohlenstoff andere Elemente wie Chrom, Nickel oder Molybdän, die die Eigenschaften des Stahls spezifisch verändern:
- Niedrig legierte Stähle: Die Summe der Legierungselemente beträgt hier weniger als 3,5 %. Diese Stahlsorten kombinieren unterschiedliche mechanische Eigenschaften und sind für vielfältige Anwendungen geeignet.
- Mittellegierte Stähle: Diese Stähle haben einen Gesamtlegierungsgehalt zwischen 3,5 % und 12 %. Sie bieten eine ausgewogene Mischung aus Härte, Zähigkeit und Formbarkeit.
- Hochlegierte Stähle: Hier überschreitet der Anteil der Legierungselemente 12 %. Diese Stähle zeichnen sich durch sehr spezifische Eigenschaften wie hohe Korrosionsbeständigkeit oder extreme Härte aus und werden in spezialisierten Anwendungen eingesetzt, zum Beispiel in der chemischen Industrie oder Luftfahrt.
Neben der chemischen Zusammensetzung werden Stahlsorten auch nach ihrem vorgesehenen Einsatzbereich klassifiziert:
- Baustähle sind für den Einsatz im Bauwesen konzipiert und können weiter unterteilt werden in Allzweckbaustähle, hochfeste Baustähle und spezielle Baustähle für besondere Anforderungen wie Korrosionsbeständigkeit oder erhöhte Festigkeit.
- Werkzeugstähle sind besonders hart und verschleißfest, ideal für die Herstellung von Schneidwerkzeugen und Formen.
- Spezialstähle beinhalten korrosionsbeständige Stähle wie Edelstahl sowie hitzebeständige und hochwarmfeste Stähle.
Indem Sie sich die spezifischen Eigenschaften der einzelnen Stahlsorten anschauen, können Sie gezielt die passende Sorte für Ihre Anwendungen auswählen. Die richtige Wahl hängt von den mechanischen und technologischen Anforderungen Ihres Projekts ab.
Bezeichnungssysteme für Stahlsorten
Stahlsorten werden nach spezifischen Normen klassifiziert, darunter die europäische Norm EN 10027, welche in zwei Teile untergliedert ist: Kurznamen und Nummernsysteme. Diese Klassifizierungen geben Ihnen einen genauen Einblick in die Eigenschaften und Verwendungszwecke der jeweiligen Stahlsorte.
Kurznamen-System
Das Kurznamen-System (EN 10027-1) verwendet Buchstaben und Zahlen, um den Verwendungszweck und die mechanischen Eigenschaften des Stahls zu beschreiben. Dabei ist das erste Zeichen meist ein Buchstabe, der den Einsatzbereich angibt:
- S für Baustahl
- P für Druckvebehälterstahl
- L für Leitungsrohrstahl
An den Buchstaben schließen sich Zahlen an, die die Mindeststreckgrenze in Megapascal (MPa) angeben. Weitere Buchstaben kennzeichnen spezifische Eigenschaften, wie etwa die Kerbschlagzähigkeit (z.B. J2 für 27 Joule bei -20°C) oder den Zustand des Materials (z.B. +N für normalisiert).
Nummernsystem
Das Nummernsystem (EN 10027-2) ist eine weitere Methode zur Klassifizierung und vergibt eine Werkstoffnummer, die meist aus fünf Ziffern besteht. Die erste Ziffer steht für die Hauptgruppe des Stahls, während die folgenden Ziffern eine fortlaufende Nummerierung darstellen. Ein bekanntes Beispiel ist:
1.4301: Dies bezeichnet einen rostfreien Edelstahl mit 18% Chrom und 8% Nickel.
Spezielle Bezeichnungen und historische Kontexte
Neben den genormten Bezeichnungen finden sich auch traditionelle oder markenspezifische Bezeichnungen, die oft immer noch gebräuchlich sind, obwohl sie durch die neuen Normungen ersetzt wurden. Daher könnten Ihnen auch Namen wie St 52 oder V2A begegnen, die die älteren Benennungssysteme widerspiegeln.
Beispiele für Stahlbezeichnungen
Um die Praxis zu verdeutlichen, hier einige Beispiele:
- S235JR+N: Baustahl mit einer Streckgrenze von 235 MPa, Gütegruppe JR, der normalisiert ist.
- X5CrNi18-10: Ein hochlegierter Stahl mit 0,05% Kohlenstoff, 18% Chrom und 10% Nickel.
Merkregeln für Legierungselemente
Für legierte Stähle wird zusätzlich die chemische Zusammensetzung angezeigt. Dabei geben spezialisierte Bezeichnungselemente Aufschluss über das Vorhandensein und den Anteil spezifischer Legierungselemente (z.B. Cr für Chrom). Es gibt Eselsbrücken, um sich die Multiplikatoren für die Anteile der Legierungselemente zu merken, wie zum Beispiel:
- Chrom Connte Man Nicht Sicher Wahrnehmen (für den Multiplikator 4)
- AlCuMoTaTiV (für den Multiplikator 10)
Durch das komplexe Bezeichnungssystem können Sie auf einen Blick die wesentlichen Eigenschaften und Verwendungen einer bestimmten Stahlsorte erkennen. Dies ermöglicht Ihnen, noch gezielter den passenden Stahl für Ihre spezifischen Anforderungen zu wählen.
Unlegierte Stähle im Detail
Unlegierte Stähle bestehen hauptsächlich aus Eisen und Kohlenstoff, wobei nur geringe Mengen anderer Elemente enthalten sind. Diese Stähle lassen sich weiter in Qualitätsstähle und Edelstähle unterteilen, jeweils mit spezifischen Merkmalen und Anwendungen.
Qualitätsstähle
Diese Stähle sind besonders duktil und lassen sich gut durch Verfahren wie Tiefziehen oder maschinelle Bearbeitung verformen. Ein charakteristisches Merkmal ist der niedrige Anteil an Begleitelementen wie Phosphor und Schwefel, der jeweils unter 0,045 % liegt. Dieser geringe Anteil trägt zur höheren Reinheit des Stahls bei und macht ihn ideal für die Automobilindustrie, beispielsweise bei der Herstellung von Karosserieteilen.
Edelstähle
Unlegierte Edelstähle zeichnen sich durch einen noch höheren Reinheitsgrad aus als Qualitätsstähle. Sie erfüllen strengere Kriterien hinsichtlich der Kerbschlagarbeit, der Härte und der Zähigkeit. Diese Stähle haben einen Kohlenstoffgehalt zwischen 0,2 % und 0,65 %, mit besonders niedrigen Anteilen an nichtmetallischen Einschlüssen wie Phosphor und Schwefel (jeweils unter 0,025 %). Aufgrund dieser Eigenschaften eignen sie sich für anspruchsvolle Anwendungen, beispielsweise in der Medizintechnik und bei der Herstellung von Kernreaktorstählen.
Werkstoffbezeichnungen
Bei der Kennzeichnung von unlegierten Stählen wird ein einfaches Schema angewandt. Der Buchstabe ‚C‘ steht am Anfang der Bezeichnung und gibt den Kohlenstoffgehalt in Hundertstelprozent an. Zum Beispiel bedeutet ‚C60‘, dass der Stahl einen Kohlenstoffgehalt von 0,60 % aufweist. Für unlegierte Edelstähle wird ein ‚E‘ an die Bezeichnung angehängt, was den höheren Reinheitsgrad kennzeichnet, zum Beispiel ‚C45E‘.
Einsatzbereiche
Unlegierte Stähle finden breite Anwendung in verschiedenen industriellen Bereichen:
- Fahrzeugtechnik: Verwendung für belastbare Karosserieteile und strukturelle Komponenten.
- Bauwesen: Produktion von Stahlträgern und Grundgerüsten.
- Maschinenbau: Herstellung von Maschinenteilen, die hohe Duktilität erfordern.
- Kleinteile: Fertigung von Nägeln, Schrauben und ähnlichen Verbindungselementen.
Indem Sie die speziellen Eigenschaften dieser Stahlsorten berücksichtigen, können Sie für Ihre verschiedenen Projekte präzise die am besten geeignete Stahlsorte auswählen.
Legierte Stähle im Detail
Legierte Stähle weisen gegenüber unlegierten Stählen eine gezielte Verbesserung bestimmter Eigenschaften auf. Dies wird durch die Zufügung verschiedener Legierungselemente während des Herstellungsprozesses erreicht. Je nach Art und Anteil dieser zusätzlichen Elemente unterscheiden sich die resultierenden Stahlsorten erheblich.
Einteilung nach Legierungsgehalt
Legierte Stähle werden in zwei Hauptkategorien unterteilt:
- Niedrig legierte Stähle: Diese enthalten einen Gesamtlegierungsgehalt von weniger als 3,5 %.
- Hochlegierte Stähle: Diese haben einen Legierungsgehalt von mindestens 5 % bei einem oder mehreren Elementen.
Wichtige Legierungselemente und deren Auswirkungen
- Chrom: Erhöht die Korrosionsbeständigkeit und Härte. In rostfreiem Stahl spielt Chrom eine wichtige Rolle. Ein bekannter Vertreter ist der Stahl mit der Werkstoffnummer 1.4301, der 18 % Chrom enthält.
- Nickel: Verbessert die Zähigkeit und Festigkeit des Stahls, besonders bei tiefen Temperaturen. Nickelstähle sind daher ideal für Anwendungen in der Kältetechnik.
- Mangan: Erhöht die Festigkeit und Härte, verringert aber auch die Formbarkeit. Mangan ist häufig in niedrig legierten Baustählen enthalten.
- Molybdän: Dieses Element erhöht die Warmfestigkeit und minimiert die Sprödbruchgefahr. Es findet zum Beispiel Anwendung in hitzebeständigen Stählen.
- Silizium: Wird zur Entoxidation verwendet und erhöht die Härte. Siliziumstähle sind oft im Transformatorenbau zu finden.
Typische Anwendungen
- Baustähle: Diese umfassen niedrig legierte Stähle, die eine gute Kombination aus Festigkeit und Schweißbarkeit bieten und für tragende Strukturen in der Bauindustrie verwendet werden.
- Werkzeugstähle: Hochlegierte Stähle mit hohem Anteil an Chrom, Nickel und Molybdän, die außergewöhnliche Härte und Verschleißfestigkeit aufweisen. Sie werden zur Herstellung von Schneid- und Formwerkzeugen eingesetzt.
- Spezialstähle: Dazu gehören Stähle mit speziellen Eigenschaften, wie korrosionsbeständige Stähle, die in der chemischen Industrie und im Offshore-Bereich verwendet werden.
Bezeichnungssysteme
Die Bezeichnung legierter Stähle erfolgt nach festen Normen:
- Niedrig legierte Stähle: Die Bezeichnung beginnt mit dem Kohlenstoffgehalt in Hundertstel-Prozent, gefolgt von den Symbolen der Legierungselemente und deren Gehalt. Beispiel: 30CrMoV6 bedeutet 0,3 % Kohlenstoff, 1,5 % Chrom und 0,45 % Molybdän und Vanadium.
- Hochlegierte Stähle: Diese werden mit einem „X“ gekennzeichnet, gefolgt vom Kohlenstoffgehalt und den prozentualen Anteilen der Legierungselemente. Beispiel: X10CrNi18-8 bezeichnet einen Stahl mit 0,10 % Kohlenstoff, 18 % Chrom und 8 % Nickel.
Durch die gezielte Auswahl von legierten Stählen können Sie spezifische Anforderungen wie hohe Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit oder Hitzebeständigkeit erfüllen und somit die optimale Stahlsorte für Ihr Projekt wählen.
Einfluss der Legierungselemente
Die Legierungselemente spielen eine entscheidende Rolle bei der Anpassung der Eigenschaften von Stahl, um spezifischen Anforderungen gerecht zu werden. Hier sind einige der wesentlichen Elemente und ihre Hauptwirkungen:
- Kohlenstoff (C): Der Grundbestandteil, der direkt die Härte und Festigkeit des Stahls beeinflusst. Eine höhere Kohlenstoffzugabe erhöht die Härte, jedoch auf Kosten der Duktilität.
- Chrom (Cr): Steigert signifikant die Korrosionsbeständigkeit und Härte. Es bildet eine schützende Chromoxidschicht auf der Stahloberfläche, die vor weiterer Oxidation schützt.
- Nickel (Ni): Verbessert die Zähigkeit und Duktilität, besonders bei niedrigen Temperaturen. Nickel sorgt auch für eine höhere Festigkeit und verbessert die Korrosionsbeständigkeit, besonders in Kombination mit Chrom.
- Mangan (Mn): Erhöht sowohl die Festigkeit als auch die Härte des Stahls, verringert aber die Plastizität. Mangan ist auch für seine Rolle als Desoxidationsmittel in der Stahlherstellung bekannt.
- Molybdän (Mo): Fördert die Härte und Wärmebeständigkeit des Stahls. Es erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen Kriechen und wird häufig in Stählen verwendet, die hohen Temperaturen ausgesetzt sind.
- Silizium (Si): Wird oft als Desoxidationsmittel zugegeben und verbessert die Festigkeit und Härte des Stahls. Es trägt auch zur Dauerhaftigkeit bei hohen Temperaturen bei.
Jedem dieser Elemente kommt eine spezifische Funktion zu, die es ermöglicht, Stähle für eine Vielzahl von Anwendungen maßzuschneidern – von der Konstruktion robuster Bauwerke bis hin zur Herstellung hochpräziser Werkzeuge. Durch die gezielte Kombination dieser Elemente kann Stahl optimal an die Erfordernisse Ihres Projekts angepasst werden.