Was ist Werkzeugstahl?
Werkzeugstahl ist eine spezielle Art von Stahl, die zur Herstellung von Werkzeugen und Formen verwendet wird. Er zeichnet sich durch außergewöhnliche Härte, Abriebfestigkeit und Verformungsbeständigkeit aus. Solche Eigenschaften sind besonders wichtig für die Metall- und Kunststoffverarbeitung, wo langlebige und widerstandsfähige Werkzeuge benötigt werden.
Werkzeugstähle werden hauptsächlich in unlegierte und legierte Varianten unterteilt. Unlegierte Werkzeugstähle enthalten hauptsächlich Kohlenstoff (zwischen 0,5% und 1,5%) und erreichen durch Wärmebehandlung eine hohe Oberflächenhärte. Legierte Werkzeugstähle hingegen enthalten zusätzliche Elemente wie Chrom, Vanadium oder Wolfram, welche die Härtbarkeit, Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit verbessern.
Eine weitere Einteilung erfolgt nach der Einsatztemperatur:
- Kaltarbeitsstähle: Geeignet für Temperaturen bis 200°C, perfekt für Schneid- und Biegewerkzeuge.
- Warmarbeitsstähle: Entwickelt für Temperaturen über 200°C, ideal für Druckguss- und Schmiedewerkzeuge.
- Schnellarbeitsstähle (HSS): Diese sind besonders resistent gegen Härteabnahme bei hohen Drehzahlen und Temperaturen und finden Verwendung in Fräs- und Bohrwerkzeugen.
Der weltweite Verbrauch von Werkzeugstahl beträgt rund 1 Million Tonnen pro Jahr, wobei Länder wie China eine besonders hohe Nachfrage aufweisen.
Eigenschaften von Werkzeugstahl
Werkzeugstähle bieten eine beeindruckende Kombination aus Härte, Zähigkeit und Verschleißfestigkeit, was sie ideal für anspruchsvolle Anwendungen macht. Diese Eigenschaften gewährleisten eine effiziente Bearbeitung von Materialien und eine lange Lebensdauer der Werkzeuge.
Zu den zentralen Eigenschaften zählen:
- Härte und Verschleißfestigkeit: Bedingt durch Elemente wie Chrom, Vanadium und Wolfram. Diese Eigenschaften sind besonders wichtig für Schneidwerkzeuge.
- Zugfestigkeit: Typischerweise zwischen 800 und 1500 Megapascal (MPa), notwendig für mechanisch beanspruchte Werkzeuge.
- Kerbschlagzähigkeit: Die Fähigkeit, Energie aufzunehmen, ohne zu brechen, wichtig für stoßbelastete Werkzeuge.
- E-Modul: Der Elastizitätsmodul liegt zwischen 210.000 und 246.000 MPa und gibt die Steifigkeit des Stahls an.
- Maximale Arbeitshärte: Zwischen 40 und 72 HRC (Rockwell-Härte), entscheidend für die Beständigkeit gegen plastische Verformung.
- Temperaturbeständigkeit: Manche Werkzeugstähle leisten bis zu 615°C ohne signifikanten Verlust ihrer mechanischen Eigenschaften.
- Korrosionsbeständigkeit: Stähle mit einer Korrosionsrate von weniger als 0,001 mm/Jahr sind besonders widerstandsfähig.
Die Zerspanbarkeit im Lieferzustand ist ebenfalls ein bedeutender Faktor, da sie die Bearbeitungsfähigkeit des Stahls beeinflusst und die Wahl des Materials bestimmt.
Wärmebehandlung von Werkzeugstahl
Die Wärmebehandlung ist ein essenzieller Prozess zur Optimierung der Eigenschaften von Werkzeugstahl. Sie hat einen maßgeblichen Einfluss auf Härte, Zähigkeit und Verschleißfestigkeit. Zu den wichtigsten Verfahren gehören:
- Glühen: Der Stahl wird langsam erhitzt und kontrolliert abgekühlt, um Spannungen abzubauen und die Homogenität des Gefüges zu verbessern.
- Härten: Durch schnelles Abkühlen nach Erhitzen wird die Härte des Stahls erhöht, was die Verschleißfestigkeit verbessert.
- Anlassen: Nach dem Härten wird der Stahl erneut erwärmt und langsam abgekühlt, was die Sprödigkeit reduziert und die Zähigkeit erhöht.
- Vergüten: Eine Kombination aus Härten und Anlassen, die eine ausgewogene Balance zwischen Härte und Zähigkeit erzielt.
- Thermochemische Verfahren: Wie das Nitrieren, das durch Eindiffundieren von Stickstoff die Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit erhöht.
Je nach gewünschten Eigenschaften und Anwendung können zusätzliche Verfahren wie Flammhärten oder Induktionshärten zum Einsatz kommen.
Klassifizierung von Werkzeugstählen
Werkzeugstähle lassen sich sowohl nach chemischer Zusammensetzung als auch nach Nutztemperatur klassifizieren.
1. Unlegierte Werkzeugstähle:
- Enthalten hauptsächlich Kohlenstoff (0,5% bis 1,5%) und sind durch Wärmebehandlung härtbar.
- Nicht für hohe Betriebstemperaturen geeignet.
2. Legierte Werkzeugstähle:
- Enthalten Elemente wie Chrom, Vanadium und Wolfram.
- Verbesserte Härtbarkeit, Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit.
Nach Nutztemperatur werden folgende Kategorien unterschieden:
- Kaltarbeitsstähle: Für Gebrauch bis 200°C, ideal für Schneid- und Biegewerkzeuge.
- Warmarbeitsstähle: Für Anwendungen über 200°C, geeignet für Druckguss- und Schmiedewerkzeuge.
- Schnellarbeitsstähle (HSS): Für Hochtemperaturanwendungen bis zu 600°C, hauptsächlich in der Metallbearbeitung.
Die Auswahl des passenden Werkzeugstahls hängt von den spezifischen Anforderungen der Anwendung ab.
Anwendungsgebiete von Werkzeugstahl
Werkzeugstahl wird in vielen Industrien aufgrund seiner besonderen Eigenschaften verwendet. Typische Einsatzfelder sind:
- Automobilindustrie: Fertigung von Schneid- und Stanzwerkzeugen.
- Maschinen- und Anlagenbau: Herstellung von Schmiedegesenken und Druckgussformen.
- Luftfahrt: Einsatz in hochpräzisen Bauteilen.
- Energieindustrie: Bei Turbinen und Generatoren.
- Lebensmittel- und Verpackungsindustrie: Aufgrund der Korrosionsbeständigkeit.
- Halbleiterindustrie: Werkzeuge zur Herstellung empfindlicher elektronischer Komponenten.
Legierungselemente in Werkzeugstählen
Neben Kohlenstoff enthalten Werkzeugstähle oft eine Vielzahl weiterer Legierungselemente, die spezifische Eigenschaften verbessern. Wichtige Elemente und ihre Wirkungen sind:
- Chrom (Cr): Erhöht Härtbarkeit und Korrosionsbeständigkeit.
- Kobalt (Co): Verbessert Warmfestigkeit und Anlassbeständigkeit.
- Mangan (Mn): Steigert Härtbarkeit und Zugfestigkeit.
- Molybdän (Mo): Erhöht Warmfestigkeit und Formbeständigkeit.
- Nickel (Ni): Verbessert Zähigkeit und Schlagfestigkeit.
- Vanadium (V): Verbessert Verschleiß- und Warmfestigkeit.
- Wolfram (W): Erhöht Zug- und Warmfestigkeit.
- Stickstoff (N): Verbessert Festigkeit und Spannungsrisskorrosionsbeständigkeit.
Die Kombination dieser Elemente ermöglicht es, die Eigenschaften des Stahls genau auf die jeweiligen Anforderungen anzupassen.
Kaltarbeitsstahl
Kaltarbeitsstähle sind ideal für Anwendungen bei Temperaturen bis zu 200°C und bieten hohe Härte, Zähigkeit und Verschleißfestigkeit. Diese Stähle sind unverzichtbar für Werkzeuge, die mechanischen Belastungen wie Schneiden, Stanzen, Biegen und Prägen ausgesetzt sind.
Eigenschaften von Kaltarbeitsstählen
- Härte und Verschleißfestigkeit: Besonders durch Legierungselemente wie Chrom und Vanadium verstärkt.
- Zähigkeit: Widerstandsfähigkeit gegen Stöße und mechanische Belastungen.
- Maßbeständigkeit: Formstabilität auch bei wiederholter Beanspruchung.
Typische Anwendungen
- Schneidwerkzeuge: Hohe Härte und Verschleißfestigkeit machen sie ideal für Schneide- und Stanzwerkzeuge.
- Biegewerkzeuge: Zähigkeit ermöglicht effiziente Biegeprozesse.
- Präzisionsformen: Hohe Maßgenauigkeit und Langlebigkeit für Formenbau.
- Handwerkzeuge: Erste Wahl für robuste und langlebige Werkzeuge.
Wichtige Werkstofftypen
Einige gängige Kaltarbeitsstähle sind:
- 1.2080: Höchste Härte und Verschleißbeständigkeit.
- 1.2379: Gute Zähigkeit und sehr guter Verschleißwiderstand.
- 1.2358: Große Zähigkeit und sehr gute Randschichthärtbarkeit.
- 1.2510 und 1.2842: Standard-Kaltarbeitsstähle mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis.
- 1.2767: Hohe Zähigkeit und gute Polierbarkeit.
Warmarbeitsstahl
Warmarbeitsstähle sind für Anwendungen bei höheren Temperaturen über 200°C konzipiert. Diese Stähle zeichnen sich durch hohe Zähigkeit und Stabilität bei wechselnden Temperaturen aus und sind entscheidend für die Herstellung von Druckguss-, Schmiede- und Strangpresswerkzeugen.
Wesentliche Eigenschaften von Warmarbeitsstählen
- Warmfestigkeit und Anlassbeständigkeit: Bleiben auch bei hohen Temperaturen stabil.
- Zähigkeit und Verschleißfestigkeit: Widerstehen mechanischen Belastungen.
- Oxidations- und Hochtemperaturbeständigkeit: Widerstehen Oxidation und thermischer Ermüdung.
Chemische Zusammensetzung
Wichtige Legierungselemente sind:
- Chrom: Erhöht Härtbarkeit und Oxidationsschutz.
- Molybdän: Verbessert Warmfestigkeit und Zähigkeit.
- Vanadium: Steigert Verschleißbeständigkeit.
- Nickel und Silizium: Tragen zur Zähigkeit und Festigkeit bei.
Typische Anwendungen
- Druckguss-Werkzeuge: Herstellung von Motorblöcken und Getriebegehäusen.
- Schmiedegesenke: Bearbeitung von Metallen bei hohen Temperaturen.
- Strangpresswerkzeuge: Formen von Profilen und Rohren.
Beispielhafte Werkstoffe
- 1.2343: Hohe Warmzähigkeit und Verschleißfestigkeit.
- 1.2344: Überlegene Warmfestigkeit und Oxidationsbeständigkeit.
- 1.2714: Hohe Druck- und Warmfestigkeit.
Schnellarbeitsstahl (HSS)
Schnellarbeitsstahl (HSS) ist für extrem hohe Verschleißfestigkeit, Härte und Wärmebeständigkeit bekannt. HSS eignet sich besonders für die spanende Fertigung und bleibt bei hohen Drehzahlen und Temperaturen effizient.
Eigenschaften von Schnellarbeitsstahl
- Hohe Härte und Verschleißfestigkeit: Dank der martensitischen Struktur mit eingebetteten Karbiden.
- Wärmebeständigkeit: Behält Härte bis 600°C.
- Zähigkeit: Widersteht Stößen und Vibrationen bei hohen Schnittgeschwindigkeiten.
- Anlassbeständigkeit: Ermöglicht mehrfaches Erwärmen und Abkühlen ohne Härteverlust.
Anwendungen von Schnellarbeitsstahl
- Bohrer und Gewindebohrer: Hohe Schnittgeschwindigkeit und dauerhafte Schneidleistung.
- Fräser und Drehwerkzeuge: Eignung für hohe mechanische Belastungen.
- Sägeblätter und Meißel: Langlebigkeit bei intensiver Nutzung.
- Profilwerkzeuge: Herstellung komplexer und präziser Formen.
Bearbeitbarkeit und Mikrostruktur
Im ungehärteten Zustand lässt sich HSS gut zerspanen und bei hohen Temperaturen schmieden. Nach der Härtung ist nur noch Schleifen möglich. Die Mikrostruktur von HSS, mit martensitischer Matrix und Sekundärkarbiden, bietet optimale Festigkeit und Temperaturbeständigkeit.
Unlegierter Werkzeugstahl
Unlegierter Werkzeugstahl enthält hauptsächlich Kohlenstoff (0,5% bis 1,5%) und zeichnet sich durch hohe Oberflächenhärte aus, die durch Wärmebehandlung erreicht wird. Diese Stähle eignen sich besonders für Anwendungen, die keine hohen mechanischen und thermischen Anforderungen stellen.
Typische Einsatzgebiete
- Handwerkzeuge: Meißel und einfache Schneidplatten.
- Tiefziehwerkzeuge: Werkzeuge für die Blechumformung.
- Biegewerkzeuge: Werkzeuge für mechanische Biegeprozesse.
Unlegierter Werkzeugstahl ist meist Kaltarbeitsstahl und daher für Temperaturen bis 200°C geeignet. Er bietet eine kostengünstige Lösung für Anwendungen mit geringerer Beanspruchung, ist jedoch korrosionsanfällig.
Korrosionsbeständiger Werkzeugstahl
Korrosionsbeständiger Werkzeugstahl wird in Umgebungen eingesetzt, in denen Werkzeuge aggressiven Chemikalien oder Feuchtigkeit ausgesetzt sind.
Eigenschaften und Zusammensetzung
Diese Stähle enthalten hohe Anteile an Chrom, Nickel und Molybdän:
- Chrom: Bildet eine schützende Passivschicht.
- Nickel: Verbessert Zähigkeit und Stabilität.
- Molybdän: Schützt gegen Pitting-Korrosion und erhöht mechanische Festigkeit.
Anwendungsbeispiele
- Lebensmittelindustrie: Werkzeuge im direkten Kontakt mit Lebensmitteln.
- Medizintechnik: Herstellung von chirurgischen Instrumenten.
- Kunststoffverarbeitung: Werkzeuge für korrosive Kunststoffe.
Vorteile
- Langlebigkeit: Reduzierte Korrosion verlängert die Lebensdauer.
- Reduzierter Wartungsaufwand: Weniger Rost und Verschleiß reduzieren Wartungs- und Austauschkosten.
- Höhere Produktivität: Zuverlässige Werkzeuge führen zu geringeren Ausfallzeiten und höherer Effizienz.
Durch die Wahl des richtigen korrosionsbeständigen Werkzeugstahls stellen Sie sicher, dass Ihre Werkzeuge auch in anspruchsvollen, korrosiven Umgebungen leistungsfähig bleiben.