Chemische Struktur der Cellulose
Cellulose ist ein langkettiges Polysaccharid, das aus vielen Glucoseeinheiten besteht. Diese Glucosemoleküle sind über β-1,4-glycosidische Bindungen miteinander verknüpft, sodass eine unverzweigte Kette entsteht. Diese Bindungen führen dazu, dass die Glucosemoleküle abwechselnd um 180 Grad gedreht zueinander stehen, wodurch die lineare Struktur der Cellulose entsteht.
Ein Cellulosemolekül besteht aus mehreren hundert bis zu zehntausend Glucoseeinheiten, die sich durch intermolekulare Wasserstoffbrückenbindungen zu Mikrofibrillen verbinden. Diese bieten hohe Stabilität und Festigkeit. Die wechselnde Ausrichtung der Sauerstoffatome in den glykosidischen Bindungen ist für die Unlöslichkeit der Cellulose in Wasser und den meisten organischen Lösungsmitteln verantwortlich. Lediglich spezielle Lösungsmittel wie das Schweizers Reagens können Cellulose auflösen.
Die chemische Formel der Cellulose, (C6H10O5)n, beschreibt ihre Zusammensetzung, wobei ’n‘ die Anzahl der Glucoseeinheiten angibt. Während der Kettenbildung wird bei der Verknüpfung der Glucosemoleküle ein Wassermolekül als Nebenprodukt abgegeben, ein Vorgang, der als Kondensationsreaktion bekannt ist.
Diese strukturgebenden Merkmale verleihen Cellulose ihre charakteristischen physikalischen und chemischen Eigenschaften, die sie zu einem der bedeutendsten natürlichen Polymere machen.
Eigenschaften der Cellulose
Cellulose ist ein festes, weißes und geruchloses Material mit bemerkenswerter chemischer Stabilität. Ein herausragendes Kennzeichen der Cellulose ist ihre Wasserunlöslichkeit, bedingt durch starke Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Molekülen. Nur unter bestimmten Bedingungen können spezielle Lösungsmittel wie Dimethylacetamid mit Lithiumchlorid oder das Schweizers Reagens Cellulose lösen.
Chemischer Nachweis von Cellulose ist möglich, zum Beispiel durch eine Iod-Zinkchloridlösung, die eine charakteristische blau-violette bis braune Färbung erzeugt.
Besonders in der Industrie, etwa in der Papier- und Textilherstellung, sind die Eigenschaften von Cellulose von großer Bedeutung.
Vorkommen von Cellulose
Cellulose ist der Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände und macht etwa die Hälfte ihrer Masse aus. Sie verleiht den Pflanzenzellen Stabilität und Festigkeit. Besonders hohe Cellulosegehalte findet man in verschiedenen Pflanzenarten wie Baumwolle, Hanf und Flachs.
Pflanzen mit hohem Cellulosegehalt:
- Baumwolle (bis zu 95 % Cellulose)
- Hanf
- Leinen (Flachs)
- Nüsse und Getreide
- Diverse Obst- und Gemüsesorten wie Äpfel und Birnen
Neben Pflanzen gibt es nur wenige Tiere wie Manteltiere, die ebenfalls Cellulose produzieren.
Biosynthese von Cellulose
Cellulose wird in der Plasmamembran von Pflanzenzellen synthetisiert. Dieser Prozess findet in Rosettenkomplexen statt, die das Enzym Cellulose-Synthase enthalten. Hierbei wird das Disaccharid Saccharose in Glucose und Fructose gespalten, und die Glucose wird zu UDP-Glucose aktiviert. Cellulose-Synthase fügt die UDP-Glucose an die wachsende Glucankette an und bildet β-1,4-glycosidische Bindungen zwischen den Glucosemolekülen. Die Ketten formen Mikrofibrillen, die für die strukturelle Integrität der Zellwand entscheidend sind.
Mikrotubuli steuern die räumliche Anordnung dieser Fibrillen, die die mechanischen Eigenschaften der Zellwände beeinflussen. Für Wachstum und Umbau der Zellwände sind Enzyme wie Cellulasen notwendig, die Cellulose abbauen können.
Verwendung von Cellulose
Cellulose wird in vielen Branchen vielseitig eingesetzt. In der Baustoffindustrie dient sie als Dämmstoff. Hierzu wird recyceltes Zeitungspapier zerkleinert und mit Fungiziden sowie Flammschutzmitteln behandelt, dann als fugenlose Einblasdämmung verwendet, die nicht nur Wärme- sondern auch Schalldämmung bietet.
In der Lebensmittelindustrie fungieren Cellulosederivate als Verdickungsmittel und Stabilisatoren, etwa in diätetischen Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. In der chemischen Industrie werden beispielsweise Methylcellulose und Celluloseacetat verwendet. Cellophan, ein durchsichtiges Verpackungsmaterial, wird ebenfalls häufig aus Cellulose hergestellt. Ein weiterer bedeutender Bereich ist die Entwicklung von Cellulose-Ethanol als nachhaltigem Kraftstoff.
Cellulose als Dämmstoff
Cellulose-Dämmstoffe bestehen hauptsächlich aus recyceltem Zeitungspapier, das zerkleinert und mit Flammschutzmitteln sowie Fungiziden behandelt wird. Einblasdämmung ermöglicht eine fugenlose und dichte Verfüllung von Hohlräumen in Wänden, Dächern und Böden, was Wärmebrücken verhindert und die Energieeffizienz steigert. Zellulose-Dämmstoffe haben eine gute Wärmespeicherkapazität und schützen im Sommer vor Überhitzung, während sie feuchtigkeitsregulierend sind und ein angenehmes Innenraumklima schaffen.
Die Dämmstoffe sind auch schallabsorbierend und tragen zu einer ruhigeren Wohnumgebung bei. Ihre ökologische Bilanz ist positiv, da sie als Recyclingprodukt wenig Energie in der Herstellung benötigen und zu 100 % recycelbar sind.
Cellulose als Nahrungsmittelbestandteil
Cellulose ist ein unverdaulicher Teil pflanzlicher Lebensmittel und zählt zu den Ballaststoffen, die Verdauung und Darmgesundheit fördern. Der menschliche Körper baut Cellulose nicht selbst ab, sondern Mikroorganismen im Dickdarm zersetzen sie in kurzkettige Fettsäuren.
In der Lebensmittelindustrie wird Cellulose als Verdickungsmittel, Füllstoff und Trägersubstanz eingesetzt und unter den Nummern E460 bis E466 geführt. Zu den vertretenen Derivaten zählen mikrokristalline Cellulose, Methylcellulose und Hydroxypropylmethylcellulose, die in Produkten wie Fertigsoßen, Eiscreme und Backwaren verwendet werden.
Auch in diätetischen Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln wie Schlankheitsshakes findet man Cellulose. Bei der Herstellung von Wurstwaren werden Cellulosehüllen genutzt, um Form und Haltbarkeit zu verbessern.
Celluloseabbau in der Natur
Der Abbau von Cellulose erfolgt hauptsächlich durch Enzyme, die als Cellulasen bekannt sind, und wird von Mikroorganismen wie Bakterien und Pilzen durchgeführt. Diese Enzyme zersetzen die β-1,4-glycosidischen Bindungen in Cellulose und setzen Glucoseeinheiten frei.
Mechanismen des Celluloseabbaus:
- Einzelne Cellulasen: Diese arbeiten nahe beieinander, jedoch unabhängig, und spalten die Bindungen in Cellulose.
- Cellulosome: Diese Komplexe enthalten mehrere Cellulasen, die koordiniert arbeiten.
Mikroorganismen im Celluloseabbau:
- Bakterien: Sowohl im Boden als auch im Verdauungstrakt von Tieren aktiv.
- Pilze: Zersetzen Cellulose und bauen Zellulosereste wie Cellobiose weiter ab.
- Flagellaten und Protozoen: Unterstützen den Abbau in der Darmflora von Termiten und anderen Insekten.
Einige Pflanzenfresser wie Wiederkäuer und Pferde nutzen Mikroorganismen zum Verdauen von Cellulose, was essentielle Fettsäuren und Energie liefert.
Durch diese Prozesse wird Cellulose in der Natur kontinuierlich abgebaut und trägt wesentlich zum Nährstoffkreislauf und zur Bodenfruchtbarkeit bei.